Düsseldorf Wenn Toilettenpapier vom Wandel der Zeit erzählt

Düsseldorf · In der Firma Hakle ist das einzige Museum in Deutschland, das Klopapierrollen zeigt.

 Susanne zeigt eine Rolle aus dem Jahr 1928. In jenem Jahr wurden die ersten Klopapierrollen in Deutschland industriell hergestellt. RP-Foto: Anne Orthen

Susanne zeigt eine Rolle aus dem Jahr 1928. In jenem Jahr wurden die ersten Klopapierrollen in Deutschland industriell hergestellt. RP-Foto: Anne Orthen

Foto: Heckrath

Normalerweise arbeitet Susanne Heckrath als Assistentin der Geschäftsleitung bei der Firma Hakle. Doch gelegentlich ändert sich ihr Tätigkeitsbereich. Dann macht sich Heckrath in die Backsteingebäude hinter den eigentlichen Produktionsstätten auf, wo früher einmal die Papiermaschinen des Unternehmens Feldmühle standen. Die stehen auch heute noch da - allerdings nur noch zur Anschauung, zerlegt in ihre Einzelteile. Angekommen in der oberen Etage offenbart sich dann der Grund ihres Besuchs. Dort befindet sich nämlich das einzige Toilettenpapiermuseums Deutschlands, und Susanne Heckrath ist die Hüterin.

Die Geschichte des Toilettenpapiers ist auch eine Geschichte der Firma Hakle, die seit fast zwanzig Jahren in Düsseldorf-Reisholz produziert. Der Namensgeber und Gründer Hans Klenk war es nämlich, der 1928 die ersten Rollen industriell in Deutschland herstellen ließ. Mit dem flauschig-weichen Tissue-Papier, von denen jeder Deutsche jährlich im Schnitt 17 Kilogramm verbraucht, hatten diese allerdings noch wenig zu tun. Schließlich bestand der damalige Toilettenhelfer noch aus rau-braunem Krepppapier. Erst als Hakle 1958 die ersten Rollen aus Zellstoff auf dem Markt brachte, begann langsam der Siegeszug der weißen Rolle. Damals war es allerdings noch ein Luxusprodukt. "1961 haben 4 Rollen 1,20 DM gekostet. Für die damaligen Verhältnisse war das viel Geld", sagt Heckrath. "Klopapier kaufte man eher für das Gäste-WC oder wenn Besuch kam." 1968 folgte dann ein Meilenstein: Hakle bringt das erste dreilagige Toilettenpapier unter dem Namen "Super-Vlaush" auf den Markt.

Ob 1928, 1968 oder 2018 - anhand von Verpackung, Design oder Farbe kann Heckrath genau erkennen, welches der Produkte, aus welchem Jahr stammte. Dabei blieben ihr bei der Gründung des Museums 2014 fast nur die Mitarbeiterzeitungen als Recherchegrundlage. "Damals kamen 60 Kartons voller Klopapier auf einmal, die ich sortieren musste", erklärt sie rückblickend.

Doch nicht nur über die Geschichte des Klopapiers habe sie viel gelernt, sondern auch um die kulturellen Unterschiede im Gebrauch. "Europäer sind klassische Falter, während Amerikaner eher zusammenknüllen", sagt sie. Zudem verändern örtliche Gegebenheiten die Anforderungen an das Toilettenpapier. "Für südeuropäische oder asiatische Länder eignet sich das dreilagige Produkt kaum, da dies zu hohe Anforderungen an die dortigen Klärwerke stellen würde", erklärt Heckrath.

Auch im innerdeutschen Vergleich gibt es überraschende Differenzen in der Konsumgewohnheit. "Das bunte Papier verkauft sich in den neuen Bundesländern weitaus besser", sagt die Hobby-Unternehmenshistorikerin. Bis zur Wende gab es in den alten Bundesländern nämlich nur die klassisch-graue Variante. Deutschlandweit ist aber vor allem Papier mit Geruchszusatz beliebt. "Hakle Camille ist unser Kassenschlager."

Der Aufstieg des Toilettenpapiers ist aber auch eng mit kreativer Werbung verknüpft, wie beim Rundgang deutlich wird. Früher wurde mit einer Doppelrolle, mit Normalpapier für den Mann und extra flauschig für die Frau, auf die Geschlechtervorlieben angespielt. Heutzutage sind es eher unterhaltende Dinge.

Die neuste Sonderedition zeigt die Spielzüge entscheidender WM-Tore der deutschen Nationalmannschaft, aufgedruckt auf jedem, extra-weichen Blatt.

Damit das stille Geschäft nicht nur für den Allerwertesten zum Erlebnis wird.

(RP)
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