Neue Trauergruppe der Diakonie Wenn Eltern ihr Kind verlieren

Düsseldorf · Die Diakonie in der Altstadt bietet ab November eine Trauergruppe für Paare, die ein Kind verloren haben. Notfallseelsorger: "Austausch ist eine große Stütze."

 Eltern, deren Kinder gestorben sind, fühlen sich mit ihrem Schicksal häufig allein gelassen.

Eltern, deren Kinder gestorben sind, fühlen sich mit ihrem Schicksal häufig allein gelassen.

Foto: Andreas Endermann

Sie kann dieses Bild nicht aus ihrem Gedächtnis löschen. Wie sie morgens ins Kinderzimmer geht, die Jalousien hochzieht und ihr Baby da liegen sieht. Ihre Janine, acht Monate alt — tot. Dieser Tag liegt schon drei Jahre zurück, längst gibt es wieder so etwas wie Alltag für Astrid B. und ihren Mann, "aber der Schmerz wird nicht kleiner".

Doch mit wem soll sie reden? Freunde haben sich zurückgezogen, Nachbarn wechseln oft die Straßenseite, weil sie nicht wissen, was sie sagen sollen. "Dabei ist Austausch eine große Stütze", meint Notfallseelsorger Olaf Schaper. Und deshalb gibt es ab November ein ganz besonderes Angebot für Eltern, die ein Kind verloren haben.

Eigentlich ist es ein kleines Wunder, dass Astrid B. und ihr Mann noch ein Paar sind, nach diesem "Plötzlichen Kindstod", so heißt der medizinische Ausdruck für die Tragödie, die ihr Leben aus den Angeln gehoben hat. Olaf Schaper: "Im zweiten Jahr nach dem Tod eines Kindes trennt sich jedes zweite Paar, im dritten Jahr bis zu 70 Prozent."

Immer wieder haben ihm Eltern berichtet, dass sie das erste Jahr nach dem Verlust "wie in Trance" verbracht haben, dass sie erst danach die volle Wucht der Trauer traf. Gerade dann wollen viele Paare über ihre Empfindungen reden, die Erinnerung lebendig halten, "weil das tote Kind sonst richtig tot ist". Diesen Satz hat Olaf Schaper oft gehört.

Aus diesem Grund wird die Beratungsstelle der Diakonie in der Altstadt im November eine wöchentliche Trauergruppe für verwaiste Eltern gründen. Das soll ein Ort sein, an dem sich Paare austauschen können, wo sie aber auch erfahren, wie andere gelernt haben, mit ihrem Schicksal zu leben. Wie Nathalie und Robert S., die ihren Sohn David durch eine seltene Lebererkrankung verloren haben. Da war er gerade zweieinhalb Jahre alt. In den Monaten danach wurde Notfallseelsorger Schaper ein wichtiger Gesprächspartner für die fassungslosen Eltern.

Schließlich entschlossen sie sich zum regelmäßigen Besuch einer Trauergruppe, die Olaf Schaper 2001 gegründet hatte und die er acht Jahre leitete. Robert S. erinnert sich an diese Zeit: "Wir lebten unser Leben weiter, aber es fühlte sich nach reinem Überleben an." Oft beginnt an diesem Punkt die Entfremdung, die schließlich zur Trennung führt. "Die Gruppe aber ist eine Schicksalsgemeinschaft", sagt Schaper, "viele können zum ersten Mal offen reden, weil die anderen genau wissen, wie sich ihr Schmerz anfühlt." Häufig hätten sich aus diesen Treffen intensive Freundschaften entwickelt.

Dem Vorwurf, dass "doch alles nur wieder hochkommt", widersprechen Eltern, die in der Gruppe waren. Robert S: "Natürlich reißen alte Wunden wieder auf, aber danach haben wir uns immer ruhiger gefühlt. Und getröstet." Außerdem ließen sich Ratschläge eher von anderen Betroffenen annehmen als von Freuden und Verwandten. "Die Trauer ist wie ein Bumerang", meint Olaf Schaper, "je mehr man sie verdrängt, desto heftiger kehrt sie zurück."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort