Kolumne Wenn einer eine Reise tut . . .

Düsseldorf · Dirk Elbers ist neulich nach China geflogen. Das tat der OB in der First Class der Lufthansa, nicht zum ersten Mal. Plötzlich jedoch taucht eine Frage auf: Ist so viel Luxus statthaft? Oder reicht Business-Class – Luxus-light, sozusagen?

Kolumne: Wenn einer eine Reise tut . . .
Foto: Schaller

Dirk Elbers ist neulich nach China geflogen. Das tat der OB in der First Class der Lufthansa, nicht zum ersten Mal. Plötzlich jedoch taucht eine Frage auf: Ist so viel Luxus statthaft? Oder reicht Business-Class — Luxus-light, sozusagen?

Da gibt es einen Konzern mit 8000 Mitarbeitern, Jahresumsatz 2,5 Milliarden Euro, stark im Markt, mit guten Chancen für die Zukunft. Sollte er jedoch einen neuen Chef suchen, ständen seine Chancen unter normalen Umständen schlecht. Denn das Gehalt liegt bei nur rund 130 000 Euro im Jahr, tägliche Arbeitszeit 14 Stunden, freie Wochenenden sind die Ausnahme und beim Googlen stößt jeder auf Berichte, in denen über Reisekosten, Dienstwagen-Details sowie Büroausstattung des Vorstands mit viel Häme diskutiert wird. Fazit vieler: Für dieses Gehalt? Diesen Job? Nee, Danke.

Warum wir das erwähnen? Weil es die Firma "Stadt Düsseldorf" beschreibt. Und eine Diskussion, die um die Reisegepflogenheiten der Nr. 1 losgetreten wurde. Die ist nämlich in der First Class nach China geflogen. Und das geht nicht — meinen einige. Der Gegenkandidat bei der Wahl im Mai versteigt sich sogar zu der Aussage "Business reicht!". Womit er recht hat — man kommt mit Luxus-light ebenfalls ans Ziel. Konsequenterweise müsste er aber dann fordern, die günstigste Route bei "Vorne-sitzen.de" zu buchen, selbst wenn sie mit zweimal umsteigen über Timbuktu und Teheran nach Peking führt. Oder zur Transsibirischen Eisenbahn raten.

Das Fazit also: Eine merkwürdige Debatte, vor allem verlogen und nur einen Teil der Wahrheit darstellend. Es stimmt: Elbers saß im edlen Abteil des Fliegers, wo es sich wirklich sehr angenehm reisen lässt. Wer so zwölf oder 14 Stunden durch die Nacht fliegt, ist nach der Ankunft fit und erträgt zu absolvierende Termine entspannter, womöglich erfolgreicher als nach wenig kommodem (dafür billigerem) Economy-Trip. Aber es stimmt auch, dass das Ticket — über die Messe gebucht und bezahlt — gewiss nicht die 11.000 Euro gekostet hat, die prompt als besonderer Aufreger genannt wurden. Eine solche Firma, die pro Jahre viele hunderttausend Euro an Flugkosten aufbringt (hoffentlich alle zu Recht!), erhält hohe Rabatte. Zudem ist das Ganze keineswegs eine Neuigkeit: Die Messe, da vergleichbar mit anderen großen Companies, lässt ihre Chefs seit jeher bei langen Strecken möglichst stressfrei fliegen. Auch Elbers' Vorgänger im Amt, Joachim Erwin, nutzte gern die First Class, und das mehrfach.

Müssen Politiker dennoch auf Annehmlichkeiten dieser Art verzichten — aus symbolischen Gründen? Falls sie solchen Debatten aus dem Weg gehen wollen, sollten sie es tun, vor allem in Deutschland. Frau Merkel reist dann eben mit Air Berlin statt im Regierungs-Jet "Konrad Adenauer" zu Obama, Frau Kraft zieht aus dem feinen Stadttor mit Rheinblick in ein Büro in Holthausen (Flächen gibt es genug!) und beim nächsten Empfang im Rathaus wird Billig-Bier vom Discounter und nicht feines Alt gezapft.

Kann man alles machen und nimmt damit dem Genöhle der Stammtische die Basis. Wo jedoch soll das unten enden? Auf jeden Fall schreckt es wirklich fähige Menschen ab, Ämter zu übernehmen, die über das Wohl und Wehe vieler entscheiden. Das will und kann ab einer bestimmten Ebene heute keiner mehr ehrenamtlich tun, muss mit seiner Arbeit Geld verdienen. Aber angesichts solcher Debatten und Arbeitsbedingungen ist jeder Job in der Wirtschaft attraktiver als der im Rathaus. Will man dort Top-Qualität, muss man Top-Bedingungen bieten. Denn natürlich verdient ein Oberbürgermeister (die Bundeskanzlerin sowieso) viel zu wenig.

Beider Arbeit ist aber weder nach den Dienstwagen noch nach einem Flugticket zu beurteilen, sondern nach ihrem Erfolg. Tritt der nicht ein, kann man sie ja abwählen.

(RP)
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