Düsseldorfer Karnevalisten Weltkulturerbe Karneval: Gipfeltreffen in Köln

Düsseldorf · Gemeinsam mit Bonner und Kölner Narren beraten Düsseldorfer Karnevalisten am Dienstag unweit des Doms, wie man eine gemeinsame Bewerbung bei der Unesco gestalten muss. Man ist einig in der Einschätzung, wichtiger Teil der rheinischen Kultur zu sein.

 Schon 2009 machte Wagenbauer Jacques Tilly der Prinzengarde Blau-Weiss ein Kompliment und ließ sie beim Zoch als Weltkulturerbe auftreten. Dass sie als wichtiger Teil des Düsseldorfer Karnevals nun tatsächlich eine Chance haben, das zu werden, würden sie heute wohl so kommentieren: do bes de platt!

Schon 2009 machte Wagenbauer Jacques Tilly der Prinzengarde Blau-Weiss ein Kompliment und ließ sie beim Zoch als Weltkulturerbe auftreten. Dass sie als wichtiger Teil des Düsseldorfer Karnevals nun tatsächlich eine Chance haben, das zu werden, würden sie heute wohl so kommentieren: do bes de platt!

Foto: Tilly

Die Düsseldorfer Jecken bemühen sich jetzt ernsthaft gemeinsam mit anderen Karnevalsverbänden in Deutschland darum, dass die Unesco ihr Brauchtum als besonders schützenswert anerkennt und den Titel Weltkulturerbe verleiht. Heute treffen sich Vertreter des Winterbrauchtums aus Bonn, Köln und Düsseldorf in Köln und wollen eine gemeinsame Bewerbung auf den Weg bringen.

Die Narren der drei Städte, sonst wenig eins in Sachen Humor, ziehen nun an einem Strang: Dass der Karneval am Rhein ein wesentlicher Teil der hiesigen Kultur und daher besonders zu würdigen ist, davon sind sie alle fest überzeugt. Aber ob am Ende tatsächlich der Titel Weltkulturerbe verliehen wird, ist offen. Pro Jahr darf es pro Bundesland zwei Bewerber geben. Aber Helau, Schunkeln, Pappnasen und Tätä als Weltkulturerbe? Da denkt man doch eher an den Kölner Dom, die Akropolis oder die Pyramiden, vielleicht noch an die Zeche Zollverein.

Doch der Vorschlag der Düsseldorfer Narren und ihrer Verbündeten ist so abwegig nicht. Bei der Unesco hat man das so genannte immaterielle Weltkulturerbe in den Katalog aufgenommen. Unter diesem Schlagwort sollen bestimmte Kulturen und Brauchtümer als Teil des Erbes der Menschheit erhalten und gefördert werden.

Eine solche Kultur ist der Karneval, meint Ex-CC-Präsident Engelbert Oxenfort: "Er ist auf jeden Fall ein wichtiges, lebendiges Stück Kultur mit starkem Bezug zum Alltagsleben der Menschen in Düsseldorf, ein Brauchtum mit tiefen historischen Wurzeln, das aus dem Volk heraus lebt. Geht man in die Geschichte zurück, zeigen sich die vielfältigen kulturellen Aspekte des Karnevals in Literatur, bildender Kunst, sogar Religion."

Denn, so die Fachleute: Die Figur des Narren war ursprünglich keineswegs eine lustige Gestalt, vielmehr eng verbunden mit der theologischen Vorstellung der Sünde. Durch die Verknüpfung von Sünde und Tod wurde der Narr zum Sinnbild der Vergänglichkeit. Eine Tatsache, die heutzutage in der Düsseldorfer Figur des Hoppeditz mit dem Erwachen am 11.11. und der Beerdigung am Aschermittwoch zum Ausdruck kommt. Der Bildhauer Bert Gerresheim hat dieser Doppelgesichtigkeit des Narren im wahren Sinn des Wortes ein Denkmal gesetzt. Seine Hoppeditz-Statue steht hinterm Karnevalsmuseum und zeigt die emotionale Zerrissenheit des Narren oder Sünders.

Auch auf die Literatur ("Till Eulenspiegel"), Musik und dMode hatte der Karneval Einfluss: Kurfürst Jan Wellem ist bis heute bekannt dafür, dass er Bälle mit prächtig kostümierten Gästen feierte, auf denen Künstler auch ihre eigens dafür geschriebene Musik vortragen durften. Nach dem Vorbild des Herrschers feierte auch der einfache Düsseldorfer seinen Volkskarneval.

Die uniformierten Garden mit Säbel oder Gewehr und den jecken Kommandos sind nichts anderes als eine Persiflage der Düsseldorfer und Kölner Bürger auf Preußen, zu dem sie nicht gehören wollten, und auf die Kommandos und Zeremonien des preußischen Militärs. Bereits Mozart ließ sich gern musikalische Streiche einfallen, die seine Zeitgenossen als total närrische Possen empfanden. Im 19. Jahrhundert wurden in Düsseldorf zu Mozartmelodien regelmäßig neue Karnevalslieder getextet. Und Robert Schumann, der einige Jahre in Düsseldorf wirkte, hat eines seiner schönsten Klavierwerke mit dem Titel "Karneval" überschrieben. Auch das Aufkommen einer neuen Musikkultur am Rhein hat seine Wurzeln im Karneval. Bei Bands wie "Bläckfööss", "Höhner", "Band ohne Bart" und "Alt Schuss". Die Kreativität des Karnevals hat auch eine eigene Tanzform entwickelt: Mariechen- und Gardetanz.

CC-Präsident Josef Hinkel hat noch ein weiter starkes Argument für die Aufnahme ins Weltkulturerbe: "Es gibt kaum eine vergleichbare Gemeinschaft, die so viele Menschen einbindet." Und er weist auf eine der wichtigsten Seiten der jecken Kultur hin: "Karneval ist auch Lebensfreude, Optimismus, Lachen." Wie Hinkel meint CC-Geschäftsführer Christoph Joußen, dass in Zeiten, da die gesellschaftlichen Zusammenhänge sich auflösen, eine Aufnahme ins Weltkulturerbe den Karneval weiter bringt. Im Hinterkopf haben die Jecken natürlich, dass mit Unesco-Stempel vielleicht auch öffentliche Mittel locker gemacht werden können.

Ab Sommer 2014 beschäftigen sich der Kulturausschuss der Kultusministerkonferenz und die deutsche Unesco-Kommission mit den Bewerbungen, bevor die Kultusministerkonferenz die Nominierungen bestimmt und an die Unesco meldet. Mit deren Entscheidung wird Ende 2016 gerechnet.

(RP)
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