Prozess um Wehrhahn-Anschlag Zeuge beschreibt auffälliges Verhalten des Angeklagten Ralf S.

Düsseldorf · Der Angeklagte im Wehrhahn-Prozess soll sich kurz vor der Bombenexplosion am Anschlagsort aufgehalten haben. Das sagte am Donnerstag ein Zeuge vor Gericht. 18 Jahre hatten die Ermittler nach diesem Zeugen gesucht.

 Der Angeklagte bei Prozessbeginn. Am Donnerstag wurde er durch einen Zeugen schwer belastet.

Der Angeklagte bei Prozessbeginn. Am Donnerstag wurde er durch einen Zeugen schwer belastet.

Foto: Andreas Endermann

Der Mann galt bisher eher als Rand-Zeuge aus dem Lebensumfeld des angeklagten Ralf S., der ebenfalls nahe des Anschlagsorts am S-Bahnhof Wehrhahn lebte. Am Donnerstag outete sich der 51-Jährige im Prozess als Verfasser einer brisanten E-Mail. Seit 18 Jahren hatten Ermittler versucht, den Autor jener Zeilen zu finden. Nun gab der Mitarbeiter eines Einzelhändlers zu, dass die Mail, die den Angeklagten zusätzlich belastet, von ihm stammt.

Etliche Anwohner hatten Ralf S., der im Jahr 2000 nahe dem Tatort einen Militaria-Laden betrieb und durch rassistische Äußerungen und Aktionen vielfach aufgefallen war, auch am Explosionstag im Viertel gesehen. Doch eine Mail, die kurz nach dem Bombenanschlag gegen eine Gruppe osteuropäischer Sprachschüler an die Polizei weiter geleitet wurde, enthielt viele womöglich wichtige Details, die den Angeklagten schwer belasten. Der anonyme Verfasser gab an, Ralf S. sei vor der Detonation gegen 15 Uhr "nervös wie ein hungriger Hund" am S-Bahnhof herumgeschlichen, habe dabei mehrfach in Richtung der Gleise geschaut.

Zehn Menschen wurden verletzt, ein ungeborenes Baby starb

An einem Gitter auf diesem Weg zu den Gleisen war damals die in einer Plastiktüte versteckte Rohrbombe vermutlich per Funkfernzündung zur Explosion gebracht worden — just, als eine Gruppe von Sprachschülern vorbeikam. Zehn der zwölf Opfer wurden verletzt, ein ungeborenes Baby kam im Leib der Mutter zu Tode. Der Angeklagte bestreitet, damit etwas zu tun zu haben.

Zeuge wollte aus Angst anonym bleiben

Und von wem die Mail mit dem belastenden Inhalt stammte, war jahrelang ein Rätsel. Jetzt aber hat sich der 51-Jährige aus der Nachbarschaft dazu bekannt. Das habe er aus Angst vorm Angeklagten und dessen Spießgesellen bisher nicht gewagt, zumal er zu einer Gruppe zählt, die der Ex-Soldat ebenfalls öffentlich verächtlich gemacht habe.

Von den Staatsanwälten gefragt, ob einer seiner Kollegen der Urheber jener Mail war, folgte der Zeuge seiner Wahrheitspflicht und gab zu: "Das habe ich geschrieben." So habe er mit dem Kollegen damals nicht nur beobachtet, dass der Angeklagte mehrfach täglich die Kleidung wechselte, sondern auch, dass er am Tattag plötzlich hell gekleidet war, bei seinem Streifzug am späteren Explosionsort zudem ohne seinen Hund unterwegs war. Beides fanden die Beobachter auffällig.

Mit einer Plastiktüte oder einem Zündmechanismus ist der Angeklagte vom Zeugen und dessen Kollegen allerdings nicht gesehen worden. Beide hätten später aber den Weg abgeschritten, den der Ex-Soldat am Tag der Explosion genommen hatte — und dabei sei ihnen aufgefallen, dass man von dort einen freien, direkten Blick auf die spätere Explosionsstelle hat. Der Kollege dieses Zeugen soll demnächst ebenfalls vorgeladen und ausführlich befragt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort