"The Wall" in Düsseldorf Waters zu Nazi-Symbolik: "Bin kein Antisemit"

Düsseldorf · Weil der frühere Pink-Floyd-Musiker Roger Waters in seiner Show mit Nazi-Symbolik spielt, hat die Jüdische Gemeinde zum Boykott der Show aufgerufen. Von den Kulturpolitikern im Rathaus bekommt sie dafür Rückhalt.

Der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Michael Szentei-Heise, hat am Donnerstag seinen Boykott-Aufruf gegen das Rock-Konzert "The Wall" am 6. September in der Arena bekräftigt. Die Jüdische Gemeinde kritisiert, dass der frühere Pink-Floyd-Musiker Roger Waters die Dekoration des Auftritts ähnlich den Nazi-Reichsparteitagen in Nürnberg gestaltet hat und während der Show ein riesiges aufblasbares Schwein abschießt, das unter anderem mit einem Davidstern bedruckt ist.

Szentei-Heise: "Damit ist eindeutig die Grenze überschritten. Das Schwein wird zum Abstechen freigegeben, das hat mit Kritik an der Politik Israels nichts mehr zu tun." Der Geschäftsführer der Gemeinde erwartet zumindest, dass es nun zu einer Diskussion um die Nutzung solcher Symbole kommt.

Die Kulturpolitiker im Rathaus sehen das ähnlich. Sicherlich gebe es in der Kunst die Freiheit der Meinungsäußerung, sagt Alexander Fils (CDU). "Ich persönlich halte aber nichts davon, dabei Nazi-Symbole einzusetzen." Er habe die Tannhäuser-Inszenierung der Deutschen Oper am Rhein, die schließlich abgesetzt wurde, aus diesem Grund nicht gut gefunden. Er verurteile auch das Verhalten des Künstlers Jonathan Meese, der bei Auftritten immer wieder den Hitler-Gruß zeigt und sich deshalb vor Gericht verantworten musste.

"Das ist Kokettieren mit dem Verbotenen, um sich selbst ins Zentrum zu setzen", sagt Fils. Die Inszenierung von Waters sei "überflüssig und dumm", die Jüdische Gemeinde habe vollkommen Recht. "Ich würde nicht so weit gehen, das Konzert abzusagen, aber es zu boykottieren, bleibt jedem selbst überlassen."

Bürgermeisterin Gudrun Hock (SPD) betont, früher ein Fan der Musik von Pink Floyd gewesen zu sein. Dass Roger Waters nun Nazi-Symbolik einsetzt, dient auch ihrer Ansicht nach allein dem Zweck, einen Skandal zu erzeugen und Aufmerksamkeit zu produzieren. Den Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde und seine Ansichten schätze sie sehr. "Man darf das jetzt aber nicht durch einen Boykott hochstilisieren. Sonst wird es aufgewertet — und Roger Waters hat erreicht, was er wollte."

Manfred Neuenhaus (FDP) betont, Szentei-Heise seit 20 Jahren ausgesprochen zu schätzen: "Wenn er das sagt, ist auch etwas dran." Der Musiker sollte seiner Ansicht nach auf solche Parallelen verzichten. "Wer trotzdem zu dem Konzert geht, zeigt schlechten Geschmack." Marit von Ahlefeld (Grüne), stellvertretende Vorsitzende des Kulturausschusses, macht sich die Entscheidung nicht leicht. Für sie steht auf der einen Seite die Freiheit der Kunst, auf der anderen die Parteinahme für Menschenrechte und Werte. Als der Zweite Weltkrieg und die Nazi-Diktatur zu Ende gewesen seien, sei sie zehn Jahre alt gewesen. Deshalb habe dieser Teil der deutschen Geschichte für sie eine besondere Bedeutung. "Solche Provokationen werden speziell eingesetzt, um Tabus zu brechen und Leute zu ärgern", sagt von Ahlefeld. Mit Szentei-Heise habe sie sich immer eng in der Friedensbewegung engagiert. "Und ich stimme zu, dass man sich dieses Konzert nicht unbedingt anhören sollte."

Vor zwei Jahren hatte Waters schon einmal mit der gleichen Show in Düsseldorf gastiert. Dass die Jüdische Gemeinde damals nicht reagiert hat, erklärt Szentei-Heise so: "Wir haben nichts davon gewusst, aber dieses Mal hat uns die Jüdische Gemeinde in Wien darauf aufmerksam gemacht." Dass die Show nun ausfällt, damit rechnet er nicht: Mehr als 30 000 Menschen, die bereits Karten gekauft haben, werden nun nicht diese Aufführung boykottieren. Roger Waters hat inzwischen auf Facebook auf die Kritik reagiert und nochmals betont, er sei kein Antisemit, sondern kritisiere nur die Politik Israels, so wie er überall Rassismus und Krieg anprangere.

(RP)
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