Einkaufen in Düsseldorf Der Stress nach dem Einkauf

Düsseldorf · Einkaufsstadt, Shopping-Dorado – coole Titel. Düsseldorf liebt sie und pflegt sie, so gut es geht. Kö und Co sind berühmt, Zigtausende kommen her, um ihr Geld loszuwerden. Damit sie das gern tun, sorgt man fürs umfassende Wohlbefinden – Parkplätze satt in den Tiefgaragen (wenn auch teuer), schöne Bürgersteige zum Flanieren, es riecht gut, das Licht ist angenehm, selbst Musik liegt in der Luft und das Personal strahlt.

Shopping: Warum Einkaufen in Düsseldorf zum Stress wird
Foto: RP/Phil Ninh

So weit, so schön. Alles gut also. Oder?

Nee, eben nicht. Jedenfalls nicht überall. Denn wir ganz normalen Düsseldorfer, die gerade nicht über die Kö flanieren (was wir, man glaubt es im Umland kaum, wirklich manchmal nicht tun!) oder in den schicken Konsumtempeln häufiger, als es für unser Konto gut ist, unser Geld ausgeben, sondern Leberwurst und Salat, Brot und Butter, Käse und Kartoffeln kaufen wollen, erleben eine andere Welt in vielen Supermärkten. Dort überwältigt uns zwar das Angebot an Leberwurst, Obst, Gemüse und Marmeladen, wir können frisches Sushi mitnehmen oder Brötchen mit Frikadellen, und das Brot duftet verführerisch weil frisch gebacken – wunderbar.

Aber alles Wohlbefinden endet, sobald es ans Bezahlen geht. Zwar kümmert man sich darum, dass bei Bedarf – („Liebe Kunden, wir öffnen Kasse 4 für Sie!“) – möglichst viele Kassen besetzt sind, aber das geschieht nur scheinbar ausschließlich zum Wohl des Kunden. In Wahrheit soll es das Tempo erhöhen. Und dies erreicht man keineswegs durch rüden Ton oder gar Hinweisschilder – nein, viel geschickter. Es ist die Bauart, die uns beschleunigt und damit unter Stress setzt. Schauen Sie mal genau hin: Sie legen Ihren Einkauf auf das Band, das von selbst rollt und sie damit zwingt, sich ebenfalls zu bewegen, obwohl sie mit dem Umpacken noch nicht fertig sind. Der Kassierer (die Kassiererin) scannt ein und schiebt alles weiter auf eine viel zu kleine Ablage. Da dort der Stauraum knapp ist, müssen Sie sich erneut beeilen. Nicht, weil jemand sie dazu auffordert, nein – sie tun das freiwillig, um die hinter Ihnen Stehenden nicht zu behindern. Denn böse Blicke sind Ihnen sicher, falls Sie sich etwa Zeit nehmen, in aller Ruhe zu bezahlen, vielleicht sogar nach Kleingeld zu suchen und erst danach – großer Frevel! – anfangen, ihr Zeug einzupacken.

Weil Sie das wissen, setzen Sie sich schon vorher unter Druck und legen Ihre Waren gut durchdacht aufs Band. Was schwer ist, muss nach vorne, es kommt als Erstes in die längst im Wagen bereit gestellte Tüte, am Ende folgen druckempfindliches Obst oder leicht zu beschädigende Verpackungen wie Joghurtbecher oder Quark. Kaum wird das erste Stück über den Scanner gezogen, beginnt der vorbildliche Kunde mit dem Verstauen. Wehe, der Warenfluss überfordert ihn – die Missbilligung der anderen trifft ihn unerbittlich.

Im Grunde ein geniales System: Durch clevere Manipulation haben wir uns beim Einkaufen zum Sklaven der Umsatzoptimierer machen lassen. Wir funktionieren so, wie sie es wollen – und die meisten merken es nicht einmal, sondern versuchen, durch Wohlverhalten den Wartenden gegenüber Rücksicht zu beweisen. Der flotte Rollenwechsel in dieser Szenerie ist gespenstisch. Während wir selbst warten, schauen wir missbilligend auf die womöglich nicht ganz so Schnellen vor uns. Sobald wir selbst dran sind, sind wir es, die diese bestenfalls ausdrucklosen Blicke aller in der Schlange im Nacken spüren.

Der einzige Trost: Wenig später werden auch sie am Pranger stehen, falls sie es nicht schnell genug packen.

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