Mindestlöhne unterschritten Warten auf den Lohn

Düsseldorf · 26 rumänische Wanderarbeiter haben nach eigenen Angaben seit zwei Monaten kein Geld mehr bekommen. Außerdem wurden mit Scheinselbstständigkeiten offenbar die Mindestlöhne unterschritten.

 Auf dieser Baustelle für das neue Ärztehaus am St. Marien-Krankenhaus Ratingen waren die Wanderarbeiter bisher tätig.

Auf dieser Baustelle für das neue Ärztehaus am St. Marien-Krankenhaus Ratingen waren die Wanderarbeiter bisher tätig.

Foto: RP/Achim Blazy

Constantin Hasan kann die Welt nicht mehr verstehen. Immer wieder schüttelt er den Kopf und wiederholt, dass er und seine rumänischen Landsleute seit zwei Monaten kein Geld bekommen haben, obwohl sie jeden Tag auf der Baustelle für das neue Ärztehaus am St. Marien-Krankenhaus Ratingen tätig gewesen sind.

Gestern sind die 26 rumänischen Wanderarbeiter nicht nach Ratingen gefahren. Sie haben ihre Arbeit aus Protest niedergelegt, um ihr Geld einzufordern. Die Männer sind seit Juni, manche seit Mai, in einem Haus an der Alexanderstraße in Düsseldorf untergebracht.

Keine schlechte Adresse, diese Seitenstraße der Berliner Allee. Das vierstöckige Haus ist sauber. Wäsche hängt an der Leine im Innenhof, die Etagenbetten, zwei in jedem Zimmer, sind gemacht. Dennoch sind die Wohnverhältnisse katastrophal: die Männer teilen sich eine Küche und eine Toilette, der Putz blättert von den Wänden.

Umstände, die die qualifizierten Facharbeiter - die meisten davon Zimmermänner, Einschaler und Eisenflechter - in Kauf genommen haben, um Geld fern der Heimat zu verdienen. Doch gestern vertrieben sich die 26 Männer die Zeit mit Warten. Warten auf Geld, das ihnen zusteht. "7,50 Euro pro Stunde" wie Constantin Hasan immer wieder betont. Er ist der einzige, der ein bisschen Deutsch spricht. Doch das Subunternehmen, die Firma Exact-Bau, habe weder Geld für August, noch September gezahlt.

Es geht dabei um eine Summe von 145238,95 Euro brutto, beziehungsweise etwa 67000 Euro netto, sagte gestern Holger Vermeer, Branchensekretär der IG Bau in Essen, gegenüber der RP. Seit Mai hätten die Rumänen auf der Baustelle gearbeitet, aber teilweise seit Juli kein Geld mehr erhalten, bestätigte er. Sie seien der deutschen Sprache nicht mächtig und hätten offenbar Gewerbeanmeldungen unterschrieben - ohne zu wissen, um was es sich dabei handelte, so Vermeer. Er bezweifelt jedoch diese angebliche Selbständigkeit dieser Arbeiter: "Ich glaube nicht, dass sie beispielsweise für ihre Arbeit eigenständig Material bestellt haben." Leider seien solche dubiosen Arbeitsverhältnisse nicht selten: Mit Scheinselbstständigkeiten würden die Mindestlöhne unterschritten. Die Gewerkschaft habe die Forderungen an den betreffenden Subunternehmer weitergeleitet, der Rechtsweg sei eingeschlagen. Jetzt hätten die Rumänen die Arbeit niedergelegt: "Der Motor läuft nicht mehr, wenn man nichts zu essen hat."

Inzwischen, so Mihai Balan vom Europäischen Verband der Wanderarbeiter, werde auf die Gruppe Rumänen massiv Druck ausgeübt. Sie sollen ihre Unterkunft an der Düsseldorfer Alexanderstraße verlassen. Angeblich seien neue Arbeiter schon unterwegs - die Ablösung sozusagen. Das sei normal in diesem Geschäft, so Balan. "Wir haben aber inzwischen Lohnforderungen schriftlich geltend gemacht. Und wenn das Subunternehmen nicht zahlt, dann muss eben das Generalunternehmen Schmitz zahlen."

Ganz anders sieht Ralf Hermsen, Geschäftsführer der St. Marien Krankenhaus GmbH, die Sache: "Wir als Bauträger haben uns nichts vorzuwerfen." Sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe habe er sich mit dem Generalunternehmer Schmitz Bauunternehmung GmbH (Hückelhoven) sowie dem Subunternehmer in Verbindung gesetzt: "Ich habe alle Unterlagen angefordert und sie auch bekommen. Alle Bescheinigungen liegen vor und sind ordnungsgemäß." Man selbst habe alle Rechnungen prompt bezahlt. Es gebe keine offenen Rechnungen. Noch vor acht Wochen habe der Zoll die Baustelle gründlich geprüft: Es habe keinerlei Beanstandungen gegeben. Der Bauleiter der Firma Schmitz war gestern nicht erreichbar.

(RP)
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