Umstrittene Aktion an Düsseldorfer Grundschule Morddrohung wegen „Warmer-Pulli-Tag“

Düsseldorf · Die Ankündigung der Düsseldorfer Martin-Luther-Grundschule, einen „Warmer-Pulli-Tag“ zu veranstalten, war im Netz auf heftige Kritik gestoßen – bis hin zur Gewaltandrohung. Wir waren dabei, als die Lehrer am Thermostat drehten.

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So war der Warmer-Pulli-Tag in Düsseldorf

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Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

In seine Decke eingehüllt packt Drittklässler Marten an diesem Morgen seine Thermoskanne mit Kakao aus. Sein Freund Adam hat sich dagegen für Mütze und Schal entschieden, während viele ihrer Klassenkameraden Fleece-Jacken und Ski-Unterwäsche tragen. Denn mit dem Warmer-Pulli-Tag erlebten die 190 Schüler der Martin-Luther-Grundschule in Bilk am Freitag erstmalig einen ganz besonderen Schultag.

Bei dem Aktionstag wurde die Heizung einige Grad heruntergedreht, um so für das Energiesparen zu sensibilisieren. In den sozialen Medien hatte die Aktion im Vorfeld teils für große Kritik gesorgt. Über den Elternbrief des Umweltteams hatten im Netz fast 200 Leute diskutiert. Manche waren der Ansicht, ein solcher Tag sei für die Kinder gesundheitsgefährdend. Andere kritisierten die Aktion als inkonsequent. Schulleiterin Linde Hennemann beschrieb den Ton der Mails als „asozial“. Regelrecht Hass-Mails seien dabei gewesen, bis hin zur Gewaltandrohung. Wörtlich habe es geheißen „Man sollte Sie umbringen, bevor Sie so einen Scheiß mit den Kindern machen“. Das Problem: Im Elternbrief hatte das Umweltteam geschrieben, die Heizung werde „ausgeschaltet“. Was wirklich passierte, hatte damit wenig zu tun.

19 Grad herrschen im Klassenraum von Marten und Adam, als Lehrer Philipp Meuschke den Unterricht startet. „Warum machen wir das heute?“, fragt er in die Runde. In Sekundenschnelle recken alle Kinder ihre Hände in die Höhe. „Wir machen Umweltschutz“, erklärt Livia. Ihre Sitznachbarin Marta ergänzt: „Weil sonst die Eisbären aussterben“.

Auch auf Meuschkes Frage, wie sich die Drittklässler fühlen, sind sich alle schnell einig: Dreißig Daumen nach oben werden mit einem großen Smiley auf dem Temperatur-Protokoll an der Tafel dokumentiert. „Ich finde es richtig gemütlich“, sagt Livia. Und auch Marten friert nicht: „Mir ist sogar warm.“ Der Warme-Pulli-Tag mache ihm großen Spaß, weil „Decken und Kakao im Unterricht sonst nicht erlaubt sind“.

Der Aktionstag ist Teil des städtischen Programms „Mit Energie gewinnen“, bei dem die Hälfte des durch Umweltschutz- und Energiesparmaßnahmen eingesparten Geldes an die Schule zurückgegeben wird. Dafür also werden an der Martin-Luther-Schule für einen Schultag alle Heizungen heruntergedreht.

19,5 Grad sind es am Ende der ersten Stunde im Klassenraum der 3b. Der Raum hat sich durch die Körperwärme der Kinder sogar aufgeheizt. Auf die erneute Frage, wie sich die Temperatur anfühle, gibt es von den Schülern erneut große Zustimmung, bevor es zum Sportunterricht geht.

Der Warme-Pulli-Tag hatte die Schulleitung im Vorfeld mächtig ins Schwitzen gebracht. Mehr als 200 Mails ging ein, deren Ton Schulleiterin Linda Hennemann als „asozial“ beschreibt. Eine drohte sogar mit Gewalt: “Man sollte Sie umbringen, bevor Sie so einen Scheiß mit den Kindern machen.“ Eine andere Person schickte eine anonyme Postkarte an die Schule: Von „links-grüner Gehirnwäsche schon an Grundschulen“ war dort die Rede.

Die Resonanz der Eltern auf den Warmer-Pulli-Tag war dagegen laut Schulleitung durchweg positiv. „Und das sind die Menschen, auf die es uns eigentlich ankommt“, sagt Linda Henneman. Dorina Joch, stellvertretende Schulleiterin, stimmt zu: „Alle Kinder haben sich die ganze Woche auf den Tag gefreut und auch in der Elternschaft war die Unterstützung letztendlich riesig. Der Tag war ein Erfolg.“

Ein Erfolg, der vielleicht bald stadtübergreifend an Schulen und Kitas wiederholt wird. Jedenfalls dann, wenn die Einrichtungen, die am Programm „Mit Energie gewinnen“ dafür stimmen. Mit Sicherheit werden dann auch die Schüler der Martin-Luther-Schule wieder freudig Decken, Schlafsäcke und Kakao auspacken.

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