Edeka-Markt in Düsseldorf Vom Fiftyfifty-Verkäufer zum Mitarbeiter

Düsseldorf · Früher hat Jakob Jansen die Obdachlosen-Zeitschrift vor dem Edeka-Markt an der Aachener Straße verkauft. Weil er Kunden beim Tragen half, auf Hunde und Einkaufswagen aufpasste, stellte der Filialleiter ihn ein.

 Jakob Jansen hat seine Chance genutzt und ist heute bei Edeka angestellt. Zu verdanken hat er das Ercan Demirtas (links).

Jakob Jansen hat seine Chance genutzt und ist heute bei Edeka angestellt. Zu verdanken hat er das Ercan Demirtas (links).

Foto: Andreas Endermann

Der Supermarkt war seine Rettung, sagt Jakob Jansen. Hätte er sich nicht genau diesen Edeka-Markt an der Aachener Straße damals ausgesucht, um die Fiftyfifty zu verkaufen, hätte dort nicht begonnen, sich um die Kunden und den Parkplatz zu kümmern, wäre er vielleicht immer noch obdachlos. "Zehn Jahre habe ich auf der Straße gelebt, war Alkoholiker. Dann hat mich mein Filialleiter motiviert, einen Entzug zu machen. Da hatte ich gar keine Lust drauf. Und hab es trotzdem gemacht. Zum Glück", sagt er.

Sein Filialleiter, das ist Ercan Demirtas, Chef von Edeka Paschmann an der Aachener Straße. Heute, mehr als zehn Jahre nach ihrer ersten Begegnung, ist er Jakob Jansens Chef. Lange hat er das Engagement des Zeitungsverkäufers beobachtet und ihn dann eingestellt: "Das fing damit an, dass er immer die Einkaufswagen zusammengeschoben und den Kunden beim Tragen geholfen hat. Nach und nach hat er mehr Verantwortung übernommen, und so ist er eben unser Mitarbeiter geworden", sagt Demirtas. Jansen sei beliebt bei den Kunden, immer freundlich und fleißig - kurz: optimal geeignet für den Job.

Vor allem ist dieser sehr viel spannender als sein vorheriger, findet Jansen: "Den ganzen Tag vorm Supermarkt sitzen und darauf warten, dass jemand eine Zeitung kauft, ist doch langweilig. Deshalb habe ich damals angefangen, mich nützlich zu machen", sagt er. Heute trage er viel Verantwortung, erzählt Jansen, zum Beispiel, wenn er jeden Morgen die wertvolle Warenlieferung entgegennimmt. "Da muss alles stimmen. Und es stimmt bei mir alles, da bin ich stolz drauf."

Jakob Jansens Werdegang ist eine Erfolgsgeschichte von einem Fiftyfifty-Verkäufer, der sein Leben wieder fest in die Hand genommen hat. Zu verdanken hat er das auch dem Vertrauen, das sein Chef in ihn gesetzt hat. "Das ist keine Selbstverständlichkeit", sagt er. Dass die Discounter-Kette Aldi Süd nun seinen ehemaligen Kollegen den Verkauf vor ihren Läden verboten hat, kann er dennoch verstehen: "Viele Verkäufer von Fiftyfifty benehmen sich wirklich schlecht, lauern den Kunden auf, bedrängen sie und versuchen, sie zu bestehlen. Teilweise haben sie unsere Kunden sogar schon bis zum Auto verfolgt", erzählt er. Es sei schade, was aus dem Projekt geworden sei. Vor dem Supermarkt an der Aachener Straße ist der Verkauf des Heftes deshalb ebenfalls mittlerweile untersagt. "Wir haben zu viele schlechte Erfahrungen gemacht", sagt Ercan Demirtas.

Angst davor, dass diese schlechten Erfahrungen mit einigen seiner Kollegen ihm das Geschäft kaputt machen, hat dagegen Holger Asmus. Seit 18 Monaten ist er Fiftyfifty-Verkäufer und steht etwa vor dem Rewe-Markt am Carlsplatz. "Wenn ich hier vertrieben werden sollte, habe ich keine Möglichkeit mehr, mir meinen Unterhalt zu verdienen", sagt er. So wie ihm geht es derzeit auch vielen anderen Verkäufern. Sie wünschen sich, nicht vorverurteilt zu werden und eine Chance zu erhalten - so wie Jakob Jansen.

(lai)
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