Düsseldorf Verwaltungsgericht sorgt sich um den Rechtsstaat

Düsseldorf · Mit deutlicher Kritik an den Ausländerbehörden und der Politik hat das Düsseldorfer Verwaltungsgericht gestern Bilanz seiner Arbeit im vergangenen Jahr gezogen. 21.000 Verfahren waren 2016 auf den Richtertischen gelandet, zwei Drittel davon waren Asylverfahren - 140 Prozent mehr als noch im Vorjahr.

"Wir können nicht mehr leichthin sagen, wir schaffen das", sagte Gerichtssprecherin Nicola Haderlein, selbst Vorsitzende Verwaltungsrichterin. "Es macht uns zu schaffen - und vielleicht schafft es uns."

Denn in diesem Jahr werden noch mehr Klagen erwartet, im ersten Quartal gingen bereits mehr als 5000 ein. Das Verwaltungsgericht hat sechs Richterstellen zusätzlich bekommen, außerdem sollen vom Land- und Amtsgericht acht Richter abgeordnet werden. Zwei sind schon da, Verwaltungsgerichtspräsident Andreas Heusch hofft, dass sich auch die anderen noch finden werden. Die Aussicht, ausschließlich über Asylverfahren zu entscheiden, sei nicht für jeden verlockend. Heusch sprach nicht nur von dem großen Pensum, sondern auch von der menschlichen Belastung, die mit der sorgfältigen Prüfung jedes einzelnen Falls einhergehe: "Wir entscheiden über Menschenleben."

Umso mehr erbost es den streitbaren Gerichtspräsidenten, dass vielfach die Entscheidungen der Richter nicht umgesetzt würden. Der weitaus größte Teil der Asylklagen sei abgelehnt worden. Doch das bleibe vielfach folgenlos, weil die Ausländerbehörden nicht ausreichend reagierten. Es sei "aus rechtsstaatlicher Sicht hochbedenklich", dass es einen ganzen Bereich gebe, in dem richterliche Entscheidungen ignoriert würden. Und Steuerverschwendung sei es auch, denn die Verfahren, deren Ausgang schließlich folgenlos bleibe, würden aus Steuergeldern bezahlt. "Darüber sollten die Vollziehungsbehörden einmal nachdenken."

Zur "engagierten" Umsetzung der Urteile - womit Heusch die Ausreisepflicht abgewiesener Kläger meint - fehle es häufig am politischen Willen. Und auch da, wo die Abschiebung an Klauseln in den Rücknahmeverträgen mit den Herkunftsländern scheitere, seien politische Interessen bei denen im Spiel, die diese Verträge ausgehandelt hätten. "Der Rechtsstaat nimmt Schaden, wenn die Gewaltenteilung nicht beachtet wird", erklärte auch Richterin Haderelein.

(RP)
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