Prozess vor Arbeitsgericht Versteckte Kamera gegen Bier-Betrug

Düsseldorf · Ein Düsseldorfer Wirt ertappte zwei Köbesse, als sie die Gläser nicht korrekt zapften. Das Duo schaffte es, aus 100 Liter Alt nicht nur 400, sondern bis zu 440 0,25-l-Gläser zu "füllen". Beim Prozess vor dem Arbeitsgericht zog sein Beweis-Video jedoch nicht: Er muss die beiden wieder einstellen.

 Die hohe Kunst ein Alt zu zapfen. In einer Kneipe wurde dabei betrogen, die Gläser waren nicht richtig voll.

Die hohe Kunst ein Alt zu zapfen. In einer Kneipe wurde dabei betrogen, die Gläser waren nicht richtig voll.

Foto: RPO

Kino-Stimmung neulich in einem Saal des Arbeitsgerichts Düsseldorf: Ein Düsseldorfer Gastronom hat eine DVD mitgebracht, sie wird in ein Wiedergabegerät gelegt — und über die Leinwand flimmern die Bilder. Gebannt schauen die Prozessbeteiligten zu. Der Film zeigt die typische Szenerie an einem Holzfass: Aus dem Messinghahn fließt das Alt, nach und nach werden die Gläser darunter gehalten und weitergereicht. Aber wer genau hinschaut, der sieht: Die Gläser sind nicht ganz voll.

Genau darum geht es: Der Gastronom, der in der Stadt in mehreren Gaststätten sein Bier verkauft, hat zwei seiner Leute beim unkorrekten Zapfen ertappt. Aber die Beweislage war schwierig, im Zweifel hätte Aussage gegen Aussage gestanden, und ein nicht ganz volles Bierglas lässt sich als Beweismittel schlecht aufheben.

Also kam der clevere Wirt auf eine naheliegende Idee: Er beschloss, den betrügerischen Vorgang aufzuzeichnen. Heimlich ließ er von Fachleuten eine Kamera installieren. Sie war so angebracht, dass sie exakt den Bereich des Zapfhahns und des dort arbeitenden Zapfers im Visier hatte. Keiner der Mitarbeiter wusste von den heimlichen Aufnahmen, und vor allem wenn die beiden bereits unter Verdacht stehenden Männer im Dienst waren, lief das Gerät diskret mit.

Bei der Auswertung der Bilder wenig später war klar: Da wurde betrogen. Der Wirt prüfte den gesamten Film und kam zu der Erkenntnis, dass die beiden eine Art wundersame Biervermehrung schafften: Aus 100 Liter Alt machten sie locker 110 Liter, indem sie die Gläser nicht korrekt bis zum Eichstrich füllten, aber als voll verkauften.

Am Umsatz merkte der Wirt das übrigens nicht, denn — um beim Beispiel von 100 l zu bleiben — für seinen Umsatz änderte sich ja nichts: 400 Gläser wurden ja abgerechnet. Was darüber hinaus ging und das waren bis zu 40 Gläser, ging direkt in die Taschen der beiden Betrüger. Geschädigt wurde also nur der Gast, der ein volles Glas bezahlte, aber nur ein teilweise gefülltes bekam.

Nachdem das nach Ansicht des Wirtes eindeutige Beweismittel vorlag, feuerte er die beiden Betrüger fristlos. Sie klagten dagegen, und der Fall kam vor das Arbeitsgericht.

Dort erlebte der Wirt jedoch eine für ihn böse Überraschung: Die Richterin erklärte, sie werde das Beweismittel (also den Film) nicht anerkennen. Der Grund: Es hätte andere Möglichkeiten gegeben, den Sachverhalt zu klären. Ergebnis: Kündigung unwirksam, die beiden müssen wieder eingestellt werden. Wie das funktionieren soll, ist derzeit noch offen, der Wirt rätselt noch, wie er weiter vorgehen soll. Ein normales Arbeitsverhältnis kann er sich nicht vorstellen.

Bei der traditionellen Methode des Altbier-Zapfens ist es für Laien sehr schwer zu beurteilen, ob die Gläser bis zum Eichstrich gefüllt sind. Vor allem die Düsseldorfer Hausbrauereien kontrollieren das jedoch immer wieder durch Augenschein, weil es ansonsten Beschwerden von Gästen gibt.

Aber durch die anfängliche Schaumbildung im Glas ist es allerdings nicht leicht, auf Anhieb zu erkennen, ob das Glas korrekt befüllt wurde. Anders als bei einem Pils wird ein Alt nicht langsam, sondern sehr schnell gefüllt, aufs Tablett gestellt und umgehend zum Gast gebracht, weil die meisten das Bier so frisch am liebsten trinken. Erfahrene Zapfer haben die korrekte Menge im Gefühl: Sie stellen die Gläser mit einer langsam schrumpfenden Schaumkrone aufs Tablett, am Ende steht das Bier exakt am Eichstrich.

(RP)
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