Flughafen Seelsorge zwischen Himmel und Erde

Seit eineinhalb Jahren arbeitet Ute Clevers bei der Flughafenseelsorge. In ihrem Job geht es manchmal sogar um Leben und Tod.

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Die Flughafenseelsorge
Ute Clevers
Foto: Andreas Bretz

260718 Die Flughafenseelsorge Ute Clevers Foto: Andreas Bretz

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Ute Clevers Tag beginnt in aller Regel mit einem Blick auf die Abflugtafel des Düsseldorfer Flughafens. „Sieben Stunden Verspätung, da ist sicher eine Menge los“, sagt sie mit Blick auf eine verspätete TUI-Maschine, die nach Faro fliegen soll. Grund genug für die gelernte Sozialpädagogin, einmal bei den Fluggästen vorbei zu schauen und mit ihnen zu reden. Denn seit eineinhalb Jahren arbeitet Ute Clevers als Seelsorgerin am Airport. Eine Aufgabe zwischen Beistand bei Unglücksfällen und Wegweisungen zum Gepäckschalter.

Ursprünglich arbeitete die 51-jährige für die Bahnhofsmission der Diakonie. Dann sah sie die Ausschreibung für die Flughafenseelsorge, die vor zwei Jahren neu organisiert wurde und bewarb sich. „Am Flughafen ist das pralle Leben“, erzählt sie. Während die Seelsorge zuvor ein rein evangelisches Projekt war, ist sie seit der Neuorganisation ökumenisch. So wird Ute Clevers durch Pastoralreferent Johannes Westerdick unterstützt. Komplettiert wird das Team durch ehrenamtliche Helfer.

Ein Großteil der Arbeit von Ute Clevers besteht aus Serviceleistungen. Geholfen wird auch, wenn ein verirrter Passagier auf der Suche nach seinem Gate oder nach einer naheliegenden Toilette ist. Denn auch diese Art Ratschlägen sind Teil der Seelsorge. „Manchmal entwickeln sich aus diesen Fragen Gespräche“, sagt Ute Clevers. Egal, ob sich diese um Probleme oder nur um das Wetter drehen. Und wenn jemand droht, im alltäglichen Durcheinander des Flughafens verloren zu gehen, begleiten Clevers und ihre Helfer Passagiere auch schon mal bis zum Gate.

Denn anders als eine Fahrt mit Bus oder Bahn ist das Fliegen für viele Menschen nicht alltäglich. Hat man an alles gedacht? Ist das Gepäck auch nicht zu groß oder schwer? Dementsprechend angespannt sind viele bei ihrer Ankunft im Terminal. Da einer der Aufzüge direkt gegenüber dem Seelsorgeschalter liegt, ist dieser oft das Erste, was die Passagiere im Terminal zu sehen bekommen. „Häufig hören wir dann nicht ganz ernst gemeinte Sätze wie ‚Ach, eine Seelsorge könnte ich jetzt auch gebrauchen‘“, erzählt Clevers.

Ein Satz, der mitunter schneller wahr wird als gedacht. Denn in Fällen von Flugverspätungen und -ausfällen liegen schnell die Nerven blank. Dann kommt das Seelsorgeteam, um zu beruhigen. „In diesen Momenten sind wir Blitzableiter“, sagt Ute Clevers. Ruhig hören dann sie und ihre Kollegen den aufgebrachten Passagieren zu und lassen sie sich ihren Frust von der Seele sprechen. Gleichzeitig hat die 51-Jährige aber auch die Mitarbeiter der Fluggesellschaften im Blick. Denn meist sind sie an den Situationen schuldlos, bekommen aber stellvertretend den Ärger der Passagiere zu spüren. „Das belastet natürlich die Mitarbeiter“, sagt Ute Clevers. So gab es in dieser Hinsicht insbesondere im vergangenen Jahr für das Seelsorgeteam viel zu tun, als durch die Unterbesetzung an den Sicherheitsschaltern Chaos am Flughafen herrschte.

Aber es bleibt nicht nur bei der Betreuung kleiner Krisen. Manchmal wird Ute Clevers auch mit schwierigen Fällen konfrontiert. Besonders prägend war für sie die Reise zweier Mädchen zum Backpacking nach Thailand. Denn als die beiden zurückkehrten, wartete am Flughafen die Mutter von einem der beiden Mädchen mit der Nachricht, dass ihr Vater in der Nacht zuvor einem Herzinfarkt erlegen war. Auch der Fall einer Familie, deren kleines Kind während des Urlaubs im Swimmingpool ertrunken war, ist Clevers noch in Erinnerung. In diesen Fällen versucht sie, Beistand zu geben, den Sorgen der Reisenden zuzuhören und wenn nötig bei der Organisation von weiteren Anlaufstellen zu helfen. Einmal im Monat kommt es im Schnitt zu diesen Extremfällen um Leben und Tod. Abseits dieser Fälle sieht sich Ute Clevers eher als stets bereiter Ansprechpartner für große und kleine Nöte der Passagiere. „Oft ist es schon der bloße Kontakt, der den Menschen hilft“, erzählt sie. Und genau den versucht sie inmitten der Hektik zwischen Gepäckbändern und Passkontrollen zu ermöglichen.

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