Verkehr, Strom, Krankenhäuser So entwickelt sich die Unwetterlage in Düsseldorf

Düsseldorf · Auch am Donnerstag ist die Hochwasserlage in Düsseldorf angespannt. Bis zum Abend verzeichnete die Feuerwehr fast 1500 Einsätze – Brennpunkt ist und bleibt die Ostparksiedlung. Diese Bereiche sind betroffen.

Unwetter Düsseldorf: Regen fluten Straßen und Keller – Fotos
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Starkregen und Unwetter in Düsseldorf – Straßen und Keller stehen unter Wasser

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Foto: Krebs, Andreas (kan)

Das Unwetter mit massiven Starkregenfällen hält Düsseldorf weiter in Atem. Auch am Donnerstag hat sich die Lage kaum entspannt. Bis zum Nachmittag, 15 Uhr, zählte die Feuerwehr insgesamt mehr als 1000 erledigte Einsätze, 470 seien noch offen. Es wurden keine Menschen verletzt. Die Einsätze verteilen sich laut einem Sprecher über das gesamte Stadtgebiet, Schwerpunkt ist aber die Ostparksiedlung in Gerresheim. Auch der Rhein steigt weiter – und soll Freitagnacht die Acht-Meter-Marke erreichen.

Wie geht es weiter? Dort, wo möglich, wird die Deichsicherung im Stadtgebiet fortgesetzt. Das gilt auch für die Ostpark-Siedlung, heißt es von der Stadt. Dort ist die Feuerwehr mit Einsatzkräften vor Ort und steht den Anwohnerinnen und Anwohnern für Fragen und in Notfällen zur Verfügung. In räumlicher Nähe ist zudem eine mobile Feuerwache errichtet worden, in der auch wattfähige Fahrzeuge und Boote bereitstehen. Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) spricht von einem „Jahrtausendhochwasser“. Es bestehe aber Hoffnung, dass sich die Situation nicht weiter verschärfe, sagte Keller am Donnerstagnachmittag. „Das Wasser wird aber nicht so zügig abfließen, wie wir gehofft hatten.“ Für den Abend werde eine weitere Gewitterfront erwartet. Auch die Aufräumarbeiten würden die Stadt noch einige Tag schwer beschäftigen, so der Oberbürgermeister.

Ostparksiedlung Ein Schwerpunkt ist die Ostparksiedlung. Hier war die Düssel über die Ufer getreten, die Siedlung wurde evakuiert, der Strom abgestellt. In der Nacht zu Donnerstag meldete die Feuerwehr einen Pegelstand von 3,01 Metern. Mit zehntausenden Sandsäcken versuchten Anwohner, Feuerwehr und THW, einen rund 700 Meter langen Damm zwischen Wohnsiedlung und Düssel zu halten, der aber überspült wurde – die Siedlung wurde geflutet. „Das Wasser kam von allen Seiten, da gibt es irgendwann keine Möglichkeit mehr, es aufzuhalten“, sagte ein Feuerwehrsprecher. Viele Anwohner verharrten trotz der Bitte der Stadt, das Gebiet zu verlassen, in ihren Häusern. In manchen Gebäuden steht das Wasser inzwischen auch im Erdgeschoss. Feuerwehr und THW sind rund um die Uhr vor Ort. Die Häuser seien durch das Hochwasser aber nicht einsturzgefährdet, sagte Ordnungsdezernent Christian Zaum.

Stromversorgung Der Strom in der Ostparksiedlung und in einigen anderen betroffenen Straßen ist weiterhin abgestellt. Die Versorgung sei erst wieder möglich, wenn die Pegelstände gefallen und die Keller leer gepumpt sind, heißt es von der Netzgesellschaft. Anwohner mit vollgelaufenen Kellern sollen sich darum direkt bei der Netzgesellschaft melden, 0211 8212626.

Weitere betroffene Bereiche Auch auf der anderen Seite der Dreherstraße, am Poststadion und den umliegenden Straßen wurden in der Nacht Keller geflutet. Teilweise stand das Wasser am Morgen bis zu 50 Zentimeter hoch. In einer Straße war die Feuerwehr im Einsatz, um einen Keller abzudichten, aus dem Öl auslief. Auch im Bereich der Glashüttenstraße sind mehrere Straßen überflutet. Teile des Stadtwalds wurden wegen Erosionen gesperrt. Auch im Düsseldorfer Süden war die Lage teilweise dramatisch: Hier trat schon früh am Tag der Brückerbach über die Ufer und flutete Straßen, später dann trat die Itter an der Hildener Straße über ihren Bachlauf. Die Pegel der innerstädtischen Gewässer sind – mit Ausnahme der Düssel – jedoch im Laufe des Donnerstags wieder stark gesunken.

Rhein Auch der Rhein ist aufgrund der starken Regenfälle stark angeschwollen. Der Pegel lag am Donnerstagmittag bei fast sechseinhalb Metern. Freitagnacht wird der Fluss voraussichtlich die Acht-Meter-Marke erreichen – in der Altstadt kann es dann zu leichten Überschwemmungen kommen. Die Stadt hat darum die Öffnung in der Hochwasserschutzwand in Hamm geschlossen sowie Wege in Benrath, Urdenbach, Wittlaer und am Brückerbach gesperrt. Auch das Strandbad Lörick ist ab Freitag, 16. Juli, vorerst geschlossen. Die Stadtstrände wurden am Donnerstag abgebaut, das Open-Air-Kino musste seinen Start verschieben. Nach derzeitiger Prognose soll der Pegel am Sonntag seinen Höchststand erreichen. Ein Hochwasser des Rheins sei im Sommer zwar sehr ungewöhnlich, sagte Zaum, aber der Pegelstand nicht bedenklich.

Betreutes Wohnen Mehrere Gemeinschaftsunterkünfte in Grafenberg stehen unter Wasser. 32 Bewohnerinnen und Bewohner aus zwei Häusern der Graf-Recke-Stiftung wurden in der Nacht zu Donnerstag in Sicherheit gebracht, ein Gebäude wurde zum Teil evakuiert. Die Bewohner sind bei Angehörigen untergekommen, in anderen Pflegeeinrichtungen und in der Übergangsunterkunft der Stadt, heißt es von dem Träger. Weiterhin befinden sich 41 Bewohner aus der ersten und zweiten Etage des teilevakuierten Hauses in ihren Wohnungen. Ihre Versorgung sei gewährleistet, auch für das bevorstehende Wochenende. Auch eine sozialpsychiatrische Einrichtung der Stiftung, die direkt an der Düssel liegt, sei von Wasser umgeben, das aber nicht ins Gebäude eintrete. Alle 25 Bewohnerinnen und Bewohner befinden sich in ihren Zimmern und sind versorgt. Sie können aktuell das Haus nicht verlassen, ihre Versorgung sei über ein Schlauchboot gewährleistet.

Ampeln ausgefallen Auch einige Ampelanlagen waren von dem Starkregen betroffen und sind ausgefallen. An sechs Kreuzungen im Stadtgebiet werden die Ampeln derzeit repariert. Die Anlagen an der Kreuzung Altenbrückstraße/Further Straße/Henkelstraße/Spangerstraße und an der Ecke Worringer Straße/Kölner Straße/Ackerstraße sind durch das Hochwasser irreparabel ausgefallen und müssen ausgetauscht werden, das dauert voraussichtlich eine Woche. Autofahrer sollten dort besondere Rücksicht auf Fußgänger und Radfahrer nehmen.

Einschränkungen im ÖPNV Wegen der Überschwemmung der Itter in Benrath hat die Rheinbahn den Betriebshof in Benrath vorsorglich geräumt. Dadurch kommt es auch noch am Donnerstag den ganzen Tag über zu Ausfällen und Verspätungen. Wegen der steigenden Zahl an überfluteten Straßen mussten auch am Donnerstag zahlreiche Linien umgeleitet oder frühzeitig abgebrochen werden. Einige fielen komplett aus. Betroffen waren unter anderem die U73, die derzeit den Streckenabschnitt zwischen Dörpfeldstraße und der S-Bahnstation Gerresheim aufgrund des Hochwassers nicht bedienen kann. Zwischen Holthausen und Benrath wurde ein Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. Zu Verspätungen kommen kann es auch auf Buslinien am Staufenplatz, im Bereich Knuppertsbrück, Stadthalle, Gubener Straße, Immermannstraße, Richardstraße, Salzmannweg und Poststadion. Betroffene Gleise werden zudem auf Schäden geprüft. Man sei aber zuversichtlich, dass der ÖPNV am Freitag wieder normal in den Tag starten könne, heißt es von der Rheinbahn.

Hilfe Die Gesamtschule an der Graf-Recke-Straße wurde zur Betreuungsstelle für betroffene Anwohner umfunktioniert, die nicht bei Familien oder Bekannten unterkommen konnten. Bis zum frühen Donnerstagabend hatten acht Personen das Angebot genutzt. Zudem werde ein Infopoint in der stark betroffenen Ostparksiedlung eingerichtet, heißt es von der Feuerwehr. Über die sozialen Medien haben mehrere Menschen Hilferufe abgesetzt, andere bieten ihre Hilfe zum Beispiel beim Pumpen oder der Kinderbetreuung an. Schon in der Nacht hatten einige über Facebook für Evakuierte aus der Ostparksiedlung einen Schlafplatz bereitgestellt.

Marienhospital Einen Großeinsatz gab es in der Nacht auch in Pempelfort am Marienhospital: Dort traten große Mengen Wasser ins Gebäude ein. Durch die Überschwemmungen kam es für etwa zwölf Stunden zu Ausfällen von Teilen der Stromversorgung, von der auch für die Versorgung relevante Systeme, darunter MRT und CT sowie IT-Anwendungen betroffen waren. Ein Sandsackwall wurde errichtet, die Feuerwehr pumpte tausende Liter Wasser aus dem Gebäude. Um kurz nach drei Uhr war der Einsatz beendet. Seit Donnerstagmorgen funktioniert die Stromversorgung wieder vollständig, die Systeme werden kontrolliert nach und nach wieder in Betrieb genommen.

Feuerwehr-Einsatz Neben Kräften der Berufsfeuerwehr sind alle Einheiten der Freiwilligen Feuerwehr eingesetzt. Zusätzlich wurden dienstfreie Kräfte der Berufsfeuerwehr alarmiert. Helferinnen und Helfer des THW – teils aus Niedersachsen – sowie der Düsseldorfer Hilfsorganisationen unterstützen den ganzen Tag und die laufende Nacht bei der Einsatzbewältigung. Es wird davon ausgegangen, dass die Bewältigung auch den kommenden Tag fest die Einsatzkräfte fordert.

 Flut Duessel Düssel Überflutung Unwetter Hochwasser Grafenberg Gerresheim Ostparksiedlung Überschwemmung Ostpark DSC99 Luftbild Drohne Drohnenfoto

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Foto: Krebs, Andreas (kan)

Nordrhein-Westfalen Auch in anderen Teilen von NRW ist die Lage dramatisch. In Leverkusen wurde eine Klinik evakuiert, in Wuppertal läuft die Wuppertalsperre über, die Stadt warnt die Menschen davor, zu Hause zu bleiben. Aber auch die Menschen in Erkrath, Hilden, Hagen und im Rhein-Sieg-Kreis haben weiter mit den Wassermassen zu kämpfen. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sprach am Mittwoch von einer „schwierigen Lage“.

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