Düsseldorf Uniklinik-Chef wegen Untreue angeklagt

Düsseldorf · Die Staatsanwaltschaft wirft dem Ärztlichen Direktor der Uniklinik, Wolfgang Raab, vor, "über den genehmigten Umfang hinaus eine zahnärztliche Privatambulanz betrieben zu haben". Es soll ein Schaden von 350 000 Euro entstanden sein.

 Der Ärztlichen Direktor der Uniklinik, Wolfgang Raab.

Der Ärztlichen Direktor der Uniklinik, Wolfgang Raab.

Foto: Endermann, Andreas

Mehr als anderthalb Jahre nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen den Chef der Uniklinik, Wolfgang Raab, erhebt die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft jetzt Anklage wegen Untreue. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 60-Jährigen vor, "neben seiner Tätigkeit als Ärztlicher Direktor unter Inanspruchnahme von wissenschaftlichem und nichtwissenschaftlichem Personal des Klinikums über den genehmigten Umfang hinaus eine zahnärztliche Privatambulanz betrieben zu haben". Die Patienten sollen in der Privatambulanz "nahezu ausschließlich von einem Zahnarzt, der nach seinem Dienstvertrag mit der Heinrich-Heine-Universität allein Aufgaben in Forschung und Lehre wahrzunehmen hatte", behandelt worden sein. Abgerechnet habe Raab die Behandlungen aber als eigene Leistungen. "Durch die zweckwidrige Beschäftigung dieses Zahnarztes über einen Zeitraum von nahezu viereinhalb Jahren soll der Universität ein Schaden in Höhe von rund 350 000 Euro entstanden sein", teilte die Staatsanwaltschaft gestern mit.

Auf Anfrage unserer Zeitung ließ Wolfgang Raab über seinen Anwalt mitteilen, dass die Anklageschrift "nicht nachvollziehbar" sei: "Mit ihr wird die Behauptung aufgestellt, Herr Prof. Dr. Raab habe ohne Kenntnis der verantwortlichen Gremien eine Privatambulanz im Klinikum betrieben. Dem stehen klare Aussagen aus dem Aufsichtsrat entgegen, wonach Prof. Dr. Raab die Möglichkeit des Betreibens einer Privatambulanz eingeräumt wurde und es ferner bekannt war, dass dies — wegen seiner Belastung als Ärztlicher Direktor — mit der Vertretung durch Ärzte des Klinikums verbunden war. Anderenfalls hätte er die Position des Ärztlichen Direktors in einer für das Klinikum wirtschaftlich schwierigen Phase nicht übernommen." Ferner sei man "irritiert", "dass das Ermittlungsverfahren in den letzten Wochen von einem unverständlichen — und ungewöhnlichen — Zeitdruck durch die Staatsanwaltschaft geprägt war. Ein von der Verteidigung am 20.08.2013 vorgelegter 14-seitiger Schriftsatz mit der Auswertung der Vernehmung eines ministeriellen Zeugen hat die Staatsanwaltschaft nicht davon abgehalten, am gleichen Tag — 20.08.2013 — Anklage zu erheben."

An der Uniklinik wollte man sich gestern zu dem Fall nicht äußern. Der Aufsichtsrat der Uniklinik werde sich aber "kurzfristig in einer Sitzung mit dem Vorgang beschäftigen", sagte eine Klinik-Sprecherin. Ob Raab weiterhin im Amt bleibt, ist damit vorerst unklar. Nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen Raab im vergangenen Jahr hatte die Uniklinik mitgeteilt, dass Raabs Aufgaben als Ärztlicher Direktor "in keinerlei Zusammenhang mit den aktuellen Ermittlungen" stünden.

Sieghardt Rometsch, bis vor kurzem noch Aufsichtsratschef der Uniklinik (insgesamt war er die vergangenen 14 Jahre im Aufsichtsrat), sagte auf RP-Anfrage, dass die Vorwürfe gegen Raab "zu Unrecht erhoben wurden. Wir haben renommierte Medizin- und Strafrechtler mit der Prüfung beauftragt und das Ergebnis war eindeutig."

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den langjährigen Chef der Universitätsklinik waren bereits im Februar 2012 öffentlich geworden. Damals hatten Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft, Polizisten des Landeskriminalamts und Juristen Klinik- und Büroräume an der Uniklinik durchsucht. Auch in den Wohn- und Praxisräumen von Raab war nach Beweismaterial gesucht worden. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft damals: Raab habe im Rahmen einer ärztlichen Nebentätigkeit, die er in einer Privatambulanz ausübte, sechs Jahre lang medizinische Leistungen abgerechnet, die nicht er erbrachte, sondern andere. "Wegen des im Bereich der Abrechnung medizinischer Leistungen geltenden Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung" sei ein Arzt dazu aber nicht berechtigt, so die Staatsanwaltschaft damals.

Das Gericht muss nun entscheiden, ob es die Anklage zur Hauptverhandlung zulässt und das Hauptverfahren eröffnet.

(RP)
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