Der "Graf" in Düsseldorf "Unheilig" in der Philipshalle

Düsseldorf · Zehn Jahre Unheilig. "Um Gottes Willen", entfährt es dem "Grafen", Sänger und Kopf von Unheilig, als könne er den Erfolg selbst nicht fassen. Das Jubiläumsjahr markiert den Höhepunkt der Karriere der Band und des Grafen, wie sich der gelernte Hörgeräte-Akustiker und ehemalige Zeitsoldat nennt. Das Jubiläumskonzert war als knapp siebenstündige Familienattraktion angekündigt und mit rund 7500 Fans in der Philipshalle restlos ausverkauft .

 Unheilig's Blechle - der Graf ist da.

Unheilig's Blechle - der Graf ist da.

Foto: Esther Mai

"Die Große Freiheit" zieht sich als maßgebliches Thema durch das Repertoire des "Grafen" aus Aachen, der sich wie einst Freddy Quinn zum Meer und seinem endlosen Horizont als Projektionsfläche für alle möglichen Sehnsüchte hingezogen fühlt. Früher fand Unheilig Rückhalt in der emotional düster gestimmten Gothic-Szene. Mittlerweile mögen auch Menschen Unheilig, die sonst Lena hören.

Dem glatzköpfigen "Graf" fehlt allerdings Charisma. Wenn gerade keine maritimen Sehnsuchtsballaden erklingen, erinnert eine raue Gitarre, die sich über dräuende Keyboard-Flächen legt, sehr entfernt an Rammstein. Texte von Liedern wie "Freiheit" oder "Ich gehöre mir" setzten auf großes Pathos und eine Sprache, die kaum über gängige Metaphorik hinausgeht. Trotz aller Klischees geht die Rechnung auf: Die Fans jubeln und stimmen euphorisch in "Geboren um zu leben" ein.

So geht der "Graf" als musikalischer Seelenfänger auf eine ausgesprochen erfolgreiche Kaperfahrt. Den Verlust alter Fans, von denen nicht wenige vorzeitig die Halle verlassen, weil sie seinem Kurs in Richtung kommerziellen Mainstream nicht mehr folgen wollen und "Unheilig" bereits als "unhörbar" einstufen, wird er verschmerzen.

(RP/csr)
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