Streit um Verkehr in Düsseldorf Pendler leiden unter Umweltspur - es fehlt der Anreiz zum Umstieg

Düsseldorf · Die dritte Umweltspur ist Düsseldorfs Gesprächsthema Nummer eins. Erst recht, da seit Montag Tausende Autofahrer nach dem Ferienende länger auf den Straßen im Süden im Stau stehen. Wir haben mit Verkehrsexperten und OB Geisel diskutiert.

Umweltspur in Düsseldorf: Stau am Tag nach den Herbstferien
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Stau wegen dritter Umweltspur in Düsseldorf

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Foto: Christoph Schroeter

Über die umstrittene Verkehrspolitik in der Landeshauptstadt diskutierten am Dienstagabend unsere Redakteure Helene Pawlitzki und Arne Lieb mit Gästen im voll besetzten Maxhaus: Zur Podiumsdiskussion begrüßten sie Christiane Lübke, Umweltsoziologin an der Universität Duisburg/Essen, IHK-Hauptgeschäftsführer Gregor Berghausen, Rheinbahn-Vorstand Klaus Klar und Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD).

Christiane Lübke 

Sie erklärte aus wissenschaftlicher Sicht, worauf der Berufspendler bei seiner Wahl, wie er am besten zur Arbeit kommt, achtet: Preis, Zeit (Dauer der Fahrt zur Arbeit) und Komfort (Sicherheit, Sauberkeit) sind entscheidende Einflussfaktoren. „Es gibt ein großes Frustpotenzial. Die Menschen suchen nach einer Lösung, langen Staus, der Parkplatzsuche und verlorener Zeit aus dem Weg zu gehen“, sagt die Umweltsoziologin.

Mit der Pferdekutsche auf die Umweltspur in Düsseldorf
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Mit der Pferdekutsche auf die Umweltspur in Düsseldorf

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Foto: pfw

Gregor Berghausen 

Er machte der Stadtführung den großen Vorwurf, mit der Einführung der dritten Umweltspur den zweiten Schritt vor dem ersten gemacht zu haben. Die Umweltspur sei da, aber es fehlten für Pendler die Umsteigemöglichkeiten. Ein Fehler: „Wir brauchen die Pendler. Ihre Mobilität macht den wirtschaftlichen Erfolg der Stadt aus.“ Die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Düsseldorf dürfe nicht von der Mobilität abhängen, es sei für Pendler überhaupt kein Anreiz zum Umstieg gemacht worden. Er bemängelte außerdem die Informationspolitik für die Autofahrer und sagt ähnliche Probleme wie im Süden für Pendler im Norden voraus.

Klaus Klar Gut 300.000 Berufspendler kommen jeden Tag nach Düsseldorf, etwa 210.000 davon mit dem Auto, also gut 70 Prozent. „Da blutet mir das Herz“, sagt Klaus Klar. Er wünscht sich, dass mehr Menschen auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen. Dafür verspricht er Besserung: „Zuverlässigkeit ist das Maß aller Dinge. Danach kommt die Pünktlichkeit, dann die Sauberkeit, bei der wir Luft nach oben haben. Und es gibt ein Ja zur Angebotssteigerung.“ Der Rheinbahn-Vorstand spricht von einem Investitionsbedarf von einer Milliarde Euro und hält selbst das Preissystem bei der Rheinbahn für nicht zukunftsfähig: „Ich weiß, dass wir an einem Punkt angekommen sind, an dem sich nicht mehr jeder den Preis leisten kann.“ Die kommende Preiserhöhung von 1,88 Prozent sei „eine heftige Diskussion gewesen“. Diese Erhöhung reiche aber angesichts der anstehenden Kosten lange nicht aus, da die Rheinbahn unter anderem ihr Personal aufstockt. „Es wird keinen Leistungsabfall bezüglich des Personals mehr geben.“ Klar ist für die Umweltspur dankbar, denn der Zeitgewinn betrage für dort fahrende Linien drei Minuten.

Thomas Geisel

Der Oberbürgermeister wunderte sich, dass sich nun diejenigen am lautesten über die Umweltspur beschwerten, die vorher am lautesten vor einem Dieselfahrverbot gewarnt hätten. Er bekräftigte aber noch einmal, dass die Umweltspuren in Düsseldorf alternativlos seien. „Es gibt zu viele Autos, in denen nur eine Person sitzt“, sagte Geisel mehrmals am Abend. „Wir müssen das Auto zurückdrängen, ansonsten versinken wir im Dauerstau.“ Die Luftwerte seien in Düsseldorf im Land mit am schlechtesten, deshalb dürfe man auf keinen Fall an der Maßnahme rütteln.

Publikum

 Im voll besetzten Saal des Maxhauses verfolgten die Zuschauer die Diskussion.

Im voll besetzten Saal des Maxhauses verfolgten die Zuschauer die Diskussion.

Foto: Endermann, Andreas (end)
 Die RP-Redakteure  Helene Pawlitzki und Arne Lieb moderierten die Veranstaltung.

Die RP-Redakteure  Helene Pawlitzki und Arne Lieb moderierten die Veranstaltung.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Die Besucher der Veranstaltung hatten die Möglichkeit, sich in die Diskussion einzuschalten und Fragen zu stellen – aber auch Sorgen zu äußern. Eine Pflegedienstleiterin merkte an, dass Hausbesuche wegen des erhöhten Verkehrsaufkommens nun nicht mehr wirtschaftlich seien. Anja Vorspel von der Partei Die Linke und Lerke Tyra vom ADFC regten an, die Vorteile des Radfahrens weiter herauszuheben. Ein Zuhörer war der Meinung, dass man in den Niederlanden über die Umweltspur und Düsseldorf lachen würde. Das wollte ein anderer nicht so stehenlassen und sagte, dass man in anderen Ländern eher verwundert wäre, welche Bedeutung das Auto immer noch genießt.

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