Krieg in der Ukraine Bei einer Düsseldorfer Familie in Sicherheit

Düsseldorf · Viele Düsseldorfer haben privat aus der Ukraine Geflüchtete, wie Alisia und ihre Töchter Veronika (16) und Evelina, aufgenommen. Die Siebenjährige geht seit gut einer Woche on Benrath in die Schule. Da gefällt es ihr gut.

 Alisa und ihre Kinder Veronika und Evelina haben es aus Charkiw nach Düsseldorf geschafft. Die Siebenjährige geht schon zur Schule.

Alisa und ihre Kinder Veronika und Evelina haben es aus Charkiw nach Düsseldorf geschafft. Die Siebenjährige geht schon zur Schule.

Foto: Andrea Röhrig

Es gibt sie neben den vielen traurigen Momenten – solche, die unbeschwert sind, in denen sie alle gemeinsam lachen können. Die in Benrath lebende Familie Gutmann, zu der neben Claudia Gutmann ihr Mann Thomas und die vier Kinder (18, 16, 14 und 13 Jahre) gehören, hatte im Familienrat gemeinsam beschlossen, ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen: Mutter Alisa und ihre Töchter Veronika (16) und Evelina (7). Die drei sind wie so viele andere dem Krieg entkommen, der auch in ihrer Heimatstadt Charkiw tobt. Während um sie herum Bomben fielen, harrten sie in einer U-Bahn-Station aus, die den Namen „Armee“ trägt. Das Haus, in dem sie lebten, das steht nicht mehr, erzählt Alisa, wie so viele andere Gebäude. Dann beschlossen sie zu fliehen. Am 12. März kamen die drei völlig übermüdet und mit wenigen Habseligkeiten am Hauptbahnhof an.

Zunächst waren sie im Düsseldorfer Süden bei einer Familie mit alleinerziehendem Vater untergebracht. Weil die Organisation für diesen zu aufwendig war, erklärte sich die Familie Gutmann bereit, die Geflüchteten aufzunehmen: „Unser Ältester ist schon aus dem Haus; und weil unsere beiden Jüngsten beschlossen, dass sie sich wieder ein Zimmer teilen würden, haben wir nicht lange überlegt und die drei aufgenommen.“ Unterstützung bekommt die so gewachsene Großfamilie durch die katholische Gemeiden St. Cäcilia in Benrath, in der sich auch Claudia Gutmann engagiert, und die dort angesiedelte Gruppe „Frauen an St. Cäcilia“.

Unterhalten wird sich im Hause Gutmann mit Händen und Füßen und dem Google-Translator auf dem Handy. Der Antrag, dass Alisa und ihre älteste Tochter so schnell wie möglich einen Deutsch-Kursus besuchen, ist schon gestellt, erzählt Claudia Gutmann. Am einfachsten hat es die kleine Evelina. Sie besucht seit knapp anderthalb Wochen die erste Klasse in der katholischen Grundschule St. Cäcilia.

 Eine U-Bahn-Station in Charkiw Ende Februar, dicht an dicht drängen sich Menschen, die Zuflucht vor den Bomben suchen.

Eine U-Bahn-Station in Charkiw Ende Februar, dicht an dicht drängen sich Menschen, die Zuflucht vor den Bomben suchen.

Foto: privat

Stolz erzählt sie mit Hilfe eines Übersetzers, dass sie schon vier neue Freundinnen gefunden habe – und davon auch einige Russisch sprechen wie sie. Ihre Schulausstattung hat das in Benrath beheimatete Schreibwarengeschäft Bernshaus gestiftet. Weitere zwei komplette Schulausrüstungen stehen für Flüchtlingskinder bereit.

Für ihre ältere Schwester ist das Ankommen in der Fremde schwieriger als für die Siebenjährige. Veronika beschäftigt sich viel alleine und im Haus mit ruhigeren Dingen wie Puzzeln. Sie müsse jetzt erstmal ein bisschen zur Ruhe kommen, sagt sie. Die 16-Jährige hat sich in der Ukraine von ihrem Freund trennen müssen, der wie der Lebensgefährte ihrer Mutter nun für die Freiheit ihres Landes kämpft. Zu Hause hatte Veronika eine Lehre zur Friseurin begonnen und war im zweiten Lehrjahr, aber eigentlich nur wegen Corona und den Folgen der Pandemie. Hier in Deutschland wolle sie unbedingt wieder zur Schule gehen, springt ihr Claudia Gutmann bei. So suchen sie derzeit die richtige Schule für sie; wahrscheinlich werde es aber Mai werden, bis sie die Schulbank drücken könne.

Vielleicht können die drei bald in eine eigene Wohnung in der Nachbarschaft umziehen, wo sie auch mehr Rückzugsmöglichkeiten haben: „Wir teilen unsere Wohnräume. Auch wenn das gut klappt, möchte jeder ja auch mal alleine sein“, sagt Claudia Gutmann. Viel Papierkram gibt es zu erledigen. Denn auch Alisa, die in der Ukraine in einer Schuhfabrik gearbeitet hat, würde gerne so schnell wie möglich Geld verdienen. Derzeit wird ihnen durch Spenden unter die Arme gegriffen, erläutert Diana Brenneke von „Frauen an St. Cäcilia“. Über dieses Engagement freut sich auch Claudia Gutmann: „Es ist schön zu sehen, dass wenn man sich selbst engagiert, auch etwas zurückbekommt.“

Am vorvergangenen Sonntag hat sie eine Unterstützungsaktion in der Gemeinde ins Leben gerufen. Von dem ersten Spendengeld wurde gemeinsam eingekauft. Natürlich wäre es auch kein Problem gewesen, auf gespendete Kleidung zurückzugreifen, doch es war ihnen wichtig, dass sich alle drei etwas aussuchen, was ihnen gefällt, erzählt Diana Brenneke.

Evelina hat ihre neuen Sachen schon an: Jeanshose und -jacke und dann diese weißen Sneaker, die an der breiten Sohle über und über mit Glitzersteinchen besetzt sind. Und dann habe sie sich noch ein rosafarbenes Häschen ausgesucht, erzählt Claudia Gutmann: „Das wollte sie so gerne haben.“ Das gibt ein bisschen Trost so fern der Heimat.

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