Düsseldorf Tödlicher Kantholz-Angriff: Opferanwalt besteht auf Anklage

Düsseldorf · Anfang Oktober starb Massimo L. an den Folgen eines Schlags auf den Kopf. Den will ein 17-Jähriger dem Mann nach einem Streit in der Straßenbahn in Notwehr versetzt haben. Jetzt fordert der Anwalt von L.s Tochter die Staatsanwaltschaft auf, Anklage zu erheben.

Haltestelle "An der Piwipp" in Düsseldorf: Mann mit Vierkantholz geschlagen
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Haltestelle "An der Piwipp" in Düsseldorf: Mann mit Vierkantholz geschlagen

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Foto: Bretz, Andreas

Nach Ansicht von Wolfgang Steffen, früher Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht, hat die Notwehr-These keinen Bestand. Er habe die — noch nicht vollständige — Ermittlungsakte eingesehen. Demnach wollen Zeugen gehört haben, wie der 17-Jährige, der zusammen mit zwei Jugendlichen in der Bahn mit L. aneinandergeraten war, den Mann beim Aussteigen angepöbelt und gesagt habe: "Komm doch mit raus, wenn du dich traust." Anwalt Steffen sieht darin eine mögliche Notwehr-Provokation. L. und seine Lebensgefährtin hätten noch zwei Stationen weiter fahren wollen, erst durch diese Aufforderung sei der angetrunkene Mann zum Aussteigen verleitet worden.

Auf dem Bahnsteig soll L. die Jugendlichen mit einem Gürtel derart bedroht haben, dass der 17-Jährige sich mit einem in der Bahn gefundenen Kantholz zur Wehr gesetzt haben will. Dass er zweimal zugeschlagen habe, spricht nach Ansicht Steffens ebenfalls gegen Notwehr. Das habe er in einer umfangreichen Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft deutlich gemacht. Die hatte Ende Oktober erklärt, die Aussage der drei Jugendlichen, die sich am Tag nach der Tat bei der Polizei gemeldet hatten, seien bislang nicht zu widerlegen.

Eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens sei deshalb durchaus möglich. Damit ist Anwalt Steffen nicht einverstanden: "Sollte das Verfahren eingestellt werden, lege ich Beschwerde ein." Zwar gelte für den 17-Jährigen die Unschuldsvermutung. "Aber der richtige Ort, um zu klären, ob hier tatsächlich Notwehr vorlag, ist eine Hauptverhandlung vor Gericht."

Staatsanwalt Christoph Kumpa wollte Steffens Stellungnahme nicht kommentieren. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen, mit einer Entscheidung wohl erst im neuen Jahr zu rechnen.

(RP)
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