Rotlichskandal um Wollersheim-Bordelle Thomas M. hat "fluchtfördernde Kontakte" zu Hells Angels

Düsseldorf · Der zweite der mutmaßlichen Drahtzieher eines kriminellen Netzwerks in den sogenannten Wollersheim-Bordellen hat sich am Dienstag freiwillig gestellt. Das Oberlandesgericht hatte die Aufhebung der Haftbefehle deutlich kritisiert.

 Wieder in U-Haft: Oguz G. (r.) stellte sich gestern Mittag in Begleitung seines Anwalts Abdou Gabbar der Polizei.

Wieder in U-Haft: Oguz G. (r.) stellte sich gestern Mittag in Begleitung seines Anwalts Abdou Gabbar der Polizei.

Foto: Achim Hüskes

So etwas habe er noch nie gelesen, sagt Rechtsanwalt Abdou Gabbar. In seinem Beschluss, der den neuen Haftbefehl gegen seinen Mandanten ermöglichte, kehre der 1. Senat des Oberlandesgerichts alles um, was die Beschwerdekammer beim Landgericht im Oktober festgestellt habe.

Das Landgericht hatte seinerzeit keinen dringenden Tatverdacht gegen den früheren Wirtschafter der Wollersheim-Bordelle gesehen und den im Juli erlassenen Haftbefehl aufgehoben.

In Begleitung seines Verteidigers kam Oguz G. am Dienstagmittag zum Polizeipräsidium, um sich selbst zu stellen. Bereits am Vorabend hatten Polizisten den früheren Wollersheim-Partner Thomas M. auf der Rethelstraße festgenommen. Auch den Beschluss, mit dem sein Haftbefehl aufgehoben worden war, hatte das OLG am späten Montagabend kassiert. Im Fall des 47-jährigen Thomas M. gehen die Richter angesichts der "drohenden Freiheitsstrafe" und seiner "fluchtfördernden Kontakte zu den "Hells Angels" von Fluchtgefahr aus.

Der 1. Strafsenat folgt damit in vollem Umfang der Beschwerde der Staatsanwaltschaft, deren Ausführungen "nichts hinzuzufügen" sei, wie es im OLG-Beschluss heißt.

Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft wirft beiden Männern vor, in einem kriminellen Netzwerk aus mehr als 80 Beschuldigten die Fäden gezogen zu haben.

Im Kern geht es darum, dass in den drei Clubs an der Rethelstraße und einem sogenannten Erotikhotel am Worringer Platz Freier mit Drogen und K.o.-Tropfen willenlos gemacht worden sein sollen. Danach seien ihre Kreditkarten bis zum Limit belastet worden. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Hotline für Geschädigte eingerichtet, ermittelte in rund 50 Fällen.

Im Juli hatten aufwendige verdeckte Ermittlungen zu einer Großrazzia geführt, bei der neben Thomas M. und Oguz G. auch Bordellbesitzer Bert Wollersheim und sechs weitere Beschuldigte verhaftet worden waren. Nach und nach hatte die Beschwerdekammer des Landgerichts diese Haftbefehle mit unterschiedlichen Begründungen aufgehoben.

Diese Entscheidung, kritisiert nun das OLG, habe den Eindruck aufkommen lassen, die Beschuldigten hätten keine Strafen zu befürchten und könnten jahrelange Geschäftspraktiken fortsetzen. Denn schon früher war immer wieder wegen ähnlicher Vorwürfe gegen die Bordell-Betreiber ermittelt worden.

Bloß hatten die Beweise der Staatsanwaltschaft nie ausgereicht, die im neuen Ermittlungsverfahren auf hunderte Telefonmitschnitte und etliche Zeugenaussagen verweisen kann. In den überwachten Telefonaten soll sehr deutlich geworden sein, dass rechtswidrige Kreditkartenbelastungen in den vier Bordellen durchaus üblich waren.

Nachdem im August das Landgericht den Haftbefehl gegen Bert Wollersheim aufgehoben hatte, verzichtete die Staatsanwaltschaft auf eine Beschwerde. Denn zugunsten des 61-Jährigen hätten sich im Laufe der Ermittlungen neue entlastende Momente ergeben.

Zwar gehört auch die TV-bekannte Rotlichtgröße noch zu den Beschuldigten, allerdings gehen die Ermittler in seinem Fall nicht mehr davon aus, dass er zur Spitze der Bande gehörte.

Anders als die Beschwerdekammer des Landgerichts vertritt der 1. Strafsenat die Auffassung, dass Thomas M. als "Hintermann" und "Anführer" der Rotlicht-Bande die Geschäftspolitik der Bordelle bestimmt habe. Er sei dringend der gefährlichen Körperverletzung, der schweren räuberischen Erpressung und des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs verdächtig.

M. war im Oktober, Oguz G. bereits im September freigelassen worden, nachdem das Landgericht die Haftbefehle des Amtsgerichts aufgehoben hatte. Beide sind durch die OLG-Entscheidung vom Montag wieder in Kraft gesetzt worden. Lediglich gegen die frühere Geschäftsführerin Inka S. setzte die Staatsanwaltschaft keinen neuen Haftbefehl durch.

Die Polizei reagierte gelassen auf die Entscheidung. "Wir haben nichts anderes erwartet, waren von der Belastbarkeit unserer Ermittlungsergebnisse immer überzeugt", sagte Chefermittler Roland Wolff.

Verteidiger Abdou Gabba,. der seinen Mandanten am Dienstagmittag im Präsidium ablieferte, sieht das natürlich anders. Dass Oguz G. ausgerechnet kurz vor Weihnachten erneut inhaftierte werde, sei "bösartig" und "willkürlich". Sein Mandant werde bald Vater, habe seinen gerade begonnen Job als Promoter auf einem Weihnachtsmarkt aufgeben müssen. Der 1. Strafsenat dagegen fürchtet, dass G. sich absetzen könnte.

(sg)
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