Fragen und Antworten Wie wahrscheinlich ist der Abriss der Theodor-Heuss-Brücke in Düsseldorf?

Düsseldorf · Düsseldorfs zweitnördlichste Rheinbrücke ist für Lkw gesperrt - und vielleicht sogar vom Abriss bedroht. Wie ist es dazu gekommen und wie stehen die Chancen auf einen Erhalt? Antworten gibt der Chef der Ingenieurskammer NRW.

 Die Theodor-Heuss-Brücke ist seit einer Woche gesperrt für Lkw, die mehr als 30 Tonnen wiegen.

Die Theodor-Heuss-Brücke ist seit einer Woche gesperrt für Lkw, die mehr als 30 Tonnen wiegen.

Foto: Schaller,Bernd (bs)/Schaller, Bernd (bs)

62 Jahre alt ist die Theodor-Heuss-Brücke – und wie vielen anderen Querungen in Nordrhein-Westfalen merkt man ihr das Alter inzwischen an. Weil sie überlastet ist, dürfen jetzt keine Lkw über 30 Tonnen mehr auf ihr fahren. Außerdem wird geprüft, wie viel sie überhaupt noch aushält. Heinrich Bökamp, der Präsident der Ingenieurskammer-Bau NRW, erklärt die Einzelheiten.

Was ist der Status Quo? Seit dem 22. November dürfen Fahrzeuge über 30 Tonnen nicht mehr über die Heuss-Brücke fahren. Laut Stadt sind 350 bis 700 Lkw am Tag betroffen. Sie sollen die anderen Brücken befahren. Die Rheinbahn darf die Theodor-Heuss-Brücke aber weiterhin nutzen. Und die Lkw, die nicht zu schwer sind für die Heuss-Brücke, dürfen auf ihr nicht mehr überholen.

Wie konnte es dazu kommen? Brökamp: „Ursache ist die Vielzahl der Lkw, die seit Errichtung der Brücke 1957 drübergefahren sind. Damals hat man noch nicht voraussehen können, dass einmal so viele schwere Lkw unterwegs sein werden wie heute. Darauf sind viele Brücken nicht ausgelegt.“

Was ist das Problem am Lkw-Verkehr? Das Gewicht der Fahrzeuge. „Das hat man vielleicht auch schon mal selbst gespürt: Wenn ein Lkw über eine Brücke fährt, biegt sie sich etwas und schwingt“, erklärt Heinrich Brökamp. „Bei Pkw merkt man das nicht.“ Diese dynamische (also: bewegliche) Beanspruchung führt dazu, dass das Material der Brücke sich bewegt. Brökamp vergleicht den Prozess mit dem Dehnen eines Gummibands: „Wenn man ein Gummiband sehr oft dehnt, wird es irgendwann mürbe.“ Genauso kommt es auch zu Materialermüdung bei Brückenbauwerken.

Worin besteht die Gefahr? Materialermüdung führt zu Rissen. Diese können schließlich zum Einsturz der Brücke führen.

Warum fällt das gerade jetzt auf? Schon vor einigen Jahren wurde deutlich, dass viele Brücken die moderne Beanspruchung nicht mehr aushalten. 2011 wurde die "Richtlinie zur Nachrechnung von Brücken im Bestand" verabschiedet. „Nachrechnung bedeutet, dass man sich genau anschaut: Wie steht es um das Material der Brücke? Und wie viele Lkw sind bislang drübergefahren?“, sagt Ingenieur Brökamp. Daraus ergebe sich eine Restnutzungsdauer für die Brücke.

Was wissen wir bisher über die Zukunft der Theodor-Heuss-Brücke? Laut Stadt haben sich bei der Nachrechnung „Traglastdefizite“ ergeben – sprich: Die Brücke hält den aktuellen Verkehr nicht mehr ohne weiteres aus. Deshalb wurde sie für Lkw gesperrt. Die Ergebnisse des Rechenverfahrens sollen jetzt durch Dehnungsmessstreifen unterstützt werden. Diese Streifen sind geeicht und verraten den Ingenieuren genau, wie stark die Brücke beansprucht wird, wenn ein Fahrzeug mit bestimmtem Gewicht drüberfährt. Brökamp: „Wenn solche zusätzlichen Methoden angewandt werden, muss das Ergebnis schon recht knapp sein.“ Mögliche Maßnahmen könnten sein, dass die Brücke auch für andere Verkehre gesperrt – oder sogar abgerissen wird.

Was wäre, wenn die Brücke abgerissen werden muss? Dann müsste ein Neubau her – eine komplexe Angelegenheit, denn am Ufer ist die Bebauung dicht. Normalerweise würde man eine zweite Brücke neben die erste setzen und die alte dann abreißen. Eine provisorische Brücke könnte zwischendurch den Verkehr entlasten.

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