Kultur in Düsseldorf Theater in Zeiten von Corona

Oberkassel · Das Theater an der Luegallee ist eine der ersten Bühnen, die wieder öffnen. Die Umstände sind gewöhnungsbedürftig. Aber Intendantin Christiane Reichert ist froh, dass überhaupt wieder gespielt werden darf.

 Pause bei der Probe von „Sherlock Holmes“: Intendantin und Regisseurin Christiane Reichert mit André Klem (v.l., Daniel Wandelt und Jan Philip Kettler.

Pause bei der Probe von „Sherlock Holmes“: Intendantin und Regisseurin Christiane Reichert mit André Klem (v.l., Daniel Wandelt und Jan Philip Kettler.

Foto: Marc Ingel

Theater zu spielen, ist in diesen Tage nicht so einfach, davon weiß Christiane Reichert ein Lied zu singen. Die Intendantin des Theaters an der Luegallee ist (neben der Theaterkantine) die einzige, die in Düsseldorf ihr Haus wieder für das Publikum geöffnet hat. Und sie kann verstehen, warum größere Bühnen diesen Schritt noch nicht gewagt haben. „Die Verordnungen ändern sich alle 14 Tage, wir als kleine Bühne können darauf noch halbwegs flexibel reagieren, bei größeren Theatern ist das schwierig“, sagt sie.

Ende Mai hieß es vom Land, Theater dürften unter strengen Auflagen wieder öffnen, „das wollte ich dann auch, egal wie“, so Reichert. Zunächst ging sie davon aus, sie könnte von 75 Plätzen wenigstens 34 besetzen, bei der damaligen Drei-Meter-Abstands-Regelung waren es dann doch nur 27, wenig später sogar lediglich 25. „Ich habe nur noch irgendwelche Quadrate und Pfeile aufgeklebt, wer wo langgehen soll und sich wo hinsetzen darf.“ Zum Auftakt spielte sie das Stück „Mach‘s noch einmal, Mona Lisa!“. Die Schauspieler waren ein Ehepaar, „zum Glück“, blickt Reichert zurück. Da war der Abstand kein Problem.

Das wurde dann bei „Miss Marple ermittelt: Scherz beiseite“ schon schwieriger. „Fünf Personen auf unserer kleinen Bühne, ich hatte drei Stehplätze und zwei Sitzplätze zur Verfügung und bin vorher mit dem Zollstock herumgekrochen. Aber das hat erstaunlicherweise gut funktioniert. Es ist nun mal so, wie es ist, Hauptsache wir können wieder spielen“, sagt Reichert. Nur die Kussszene musste gestrichen werden. „Ich habe den Zuschauern gesagt, sie müssten mal kurz die Augen schließen und ihr Kopfkino aktivieren.“ Inzwischen wurden die Vorgaben weiter gelockert, mehr als 50 dürften theoretisch rein, „aber so viele kommen bislang nicht. Die Leute sind noch vorsichtig, am Wochenende waren es 35, das war schon nicht so schlecht“, erzählt die Intendantin.

Was sie erfreut: „Die Hälfte sind Stammgäste, die uns wirklich vermisst haben, die anderen neugierige Neuzugänge – sonst hat ja noch nichts auf.“ Christiane Reichert musste einen exakten Saalplan vorlegen, um eine detaillierte Rückverfolgung zu ermöglichen. „Das ist inzwischen wichtiger als jede Abstandsregel. Mundschutz muss nur tragen, wer sich im Theater bewegt, Schlangen an der Kasse darf es natürlich auch nicht geben. Ansonsten ist fast schon wieder der Normalzustand eingetreten“, sagt Reichert erleichtert.

Aktuell laufen die Proben für das Stück „Sherlock Holmes: Der Hund von Baskerville“, Premiere ist am 23. Juli. Christiane Reichert legt verstärkt Wert darauf, dass neben den Komödien auch das Thriller-Genre bedient wird. Die drei Protagonisten tragen Visiere, Regisseurin Reichert auch, „das klappt so bei der Aufführung natürlich nicht, da muss dann jeder schauen, dass er dem anderen nicht aus Versehen ins Gesicht spuckt“. Mit von der Partie ist André Klem, der gleich um die Ecke wohnt und eine Blindbewerbung eingereicht hatte, „die war so bezaubernd, ich habe ihn vom Fleck weg engagiert“. Und noch etwas Unglaubliches ist während der Corona-Pause passiert: „Wir haben bei der Renovierung hinter einer Zwischenwand eine Fensterluke entdeckt, die kannten nicht mal die Menschen, die hier seit 40 Jahren arbeiten. Jetzt haben wir sogar richtige Frischluftzufuhr“, berichtet Reichert euphorisch.

Man wird halt bescheiden und auch ein wenig demütig in so einer für Künstler schwierigen Zeit. So wie Christiane Reichert, die sich nicht zu schade war, bei Aldi Regale einzuräumen, als ihr Haus schließen musste. „Es ist ein Privileg, damit Geld zu verdienen, was einem Spaß macht, das habe ich in dieser besonderen Situation erst wieder richtig gemerkt“, sagt Reichert. Die Sommerpause hat sie gestrichen. „Es wird durchgespielt bis Weihnachten. Die Menschen sollen sich bloß nicht daran gewöhnen, wie das Leben ohne Theater ist.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort