Düsseldorf Tausendfüßler: Pflanzen ziehen um

Düsseldorf · Bambus, Palmen und Essigbäume von Tita Giese müssen dem geplanten Abriss der Hochstraße Tausendfüßler weichen. Sie überwintern auf städtischem Gartenareal und könnten schon im Frühjahr ins Stadtbild zurückkehren: auf den Ernst-Reuter-Platz südlich der Graf-Adolf-Straße.

Pflanzen von Tita Giese ziehen um
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Gärtner und die Pflanzen-Komponistin Tita Giese — das ist eine spannungsreiche Verbindung. "Warum müssen Gärtner immer so früh anfangen?", fragt Giese. Seit 8 Uhr ist sie schon an der Berliner Allee unterwegs. Eine ungewohnte Uhrzeit für jemanden, der am liebsten nachts arbeitet. Aber den Anfang vom Ende ihres Pflanzen-Projekts an der Hauptverkehrsstraße in Düsseldorfs Innenstadt will Giese nicht verpassen. Bambus, Palmen, die Essigbäume mit ihren filigranen hohen Stämmen und der palmenartigen Krone, Herbstzeitlose, die in voller Blüte stehen, Sachalin-Knöterich — sie alle müssen dem bevorstehenden Abriss der Hochstraße Tausendfüßler weichen.

32 Jahre ist es her, dass Giese mehrere "Inseln" inmitten des Verkehrs an der Berliner Allee gepflanzt hat. Wehmut empfindet sie aber nicht. "Wer Gefühle hat, sollte zum Psychiater", sagt sie in Abwandlung eines Satzes von Helmut Schmidt. Außerdem ist es kein Abschied von den Pflanzen, nur vom Standort: Die rund 1000 Gewächse werden in den nächsten zwei Wochen von den Landschaftsgärtnern Leonhards aus Wuppertal, die bereits Gieses Yuccas auf dem Stresemannplatz gepflanzt haben, ausgegraben und mit dem Lkw nach Stockum gebracht. Nicht weit von der Arena entfernt hat die Stadt von den Stadtwerken Gartenland gepachtet. Dort werden die Pflanzen überwintern und später an einen neuen Standort ziehen.

Im Rathaus gibt es diesbezüglich verschiedene Überlegungen, etwa die Wendeschleife der neuen Straßenbahnlinie in den Hafen. Doch so richtig passt das nicht in Gieses Linie. Bei ihr bilden Pflanzen und Autoverkehr ein Team. Deshalb hat sie selbst eine Idee entwickelt, für einen "Nicht-Platz", wie sie es nennt. Sie meint den Ernst-Reuter-Platz, den in Düsseldorf kaum jemand kennt, obwohl man ihn so oft quert. Es ist jener Platz, an dem sich Autofahrer, die auf der Corneliusstraße in die Innenstadt fahren, entscheiden müssen, ob sie über die Berliner Allee oder über die Oststraße fahren. Wie ein Stern treffen dort mehrere Straßen zusammen. Es ist ein Platz für Verkehr.

Giese möchte entlang der Straßenbahngleise Zwergbambus, die schlanken Essigbäume und vier Palmen pflanzen. Bambus und Clematis sollen um die Bäume wachsen. Schilf, Sachalin-Knöterich, aber auch Christrosen, Alpenveilchen und Tränende Herzen hat sie vor dem Parkplatz sowie auf einzelnen Pflanzen-Inseln vorgesehen. Im Rathaus stößt ihr Vorschlag auf Interesse, muss aber erst noch geprüft und in den politischen Gremien diskutiert werden.

Doch noch sind die Gärtner dabei, den Bambus blockweise auszugraben und auf den Lkw zu setzen. Den Anfang macht die kleine Insel neben der Johanneskirche. Hier wird mit Beginn der Abrissarbeiten eine zusätzliche Fahrbahn eingerichtet, von der das Linksabbiegen auf die Berliner Allee in Richtung Immermannstraße möglich wird, sagt Heinrich Labbert, beim Amt für Verkehrsmanagement Projektleiter Kö-Bogen. Der Abriss soll im Februar beginnen und nach maximal drei Monaten abgeschlossen sein. Das Linksabbiegen bleibt dauerhaft, auch wenn die Hochstraße durch Tunnel ersetzt ist. Der bestehende Fußgängerüberweg an der Haltestelle wird ein paar Meter weiter nach Süden rücken.

Die Pflanzen werden von Gärtnern und in Absprache mit Tita Giese genau sortiert. Denn Nachbarn bleiben Nachbarn: Auf dem Gelände in Stockum werden sie nebeneinander eingepflanzt, sagt Jörg Langenhorst, der beim Gartenamt die Abteilung Stadtgärtnerei leitet. So bleibt es auch beim künftigen Standort. "Das Wichtigste ist, die Pflanzen feucht zu halten und vor Frost zu schützen", sagt Langenhorst.

Auf einer gemähten Wiese ist ein Graben ausgehoben, in den der Bambus gesetzt wird. Mulch hält die Wurzelballen auch bei Minusgraden über Null. Wenn es ein extrem harter Winter wird, spannen die städtischen Gärtner Vlies über die Kronen. "Toller Boden", sagt Chef-Landschaftsgärtner Christoph Leonhards beim Blick in den Graben. Feinkörnig und lehmhaltig, das mögen diese Pflanzen. Langenhorst und Baumschulleiter Detlef Hüsges betonen: "Wir werden sie hegen und pflegen."

(jco)
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