Pächter fürchten Verdiensteinbußen Tankstelle - ab 22 Uhr kein Alkohol?

Düsseldorf · Politiker und die Drogenbeauftragte der Bundesregierung wollen die Verkaufszeiten für Bier, Wein und Schnaps einschränken. Die Tankstellenpächter befürchten, ein entsprechendes neues Gesetz könnte für sie zu erheblichen Verdiensteinbußen führen.

 Kistenweise kaufen viele Kunden auch noch zu später Stunde Bier an den Tankstellen, die die ganze Nacht geöffnet haben.

Kistenweise kaufen viele Kunden auch noch zu später Stunde Bier an den Tankstellen, die die ganze Nacht geöffnet haben.

Foto: RP, Matzerath

Düsseldorf Es ist kurz nach 22 Uhr. Iris Grübert hat gerade an der Shell-Tankstelle an der Grafenberger Allee in Düsseldorf ihren Dienst an der Kasse angetreten. Regelmäßig gleitet die Schiebetür des Shops auf und zu. Immer wieder treten Kunden aus der Nacht in den hell erleuchteten Laden. Manch einer läuft ohne Umweg zu den großen Kühlschränken, öffnet die Tür und greift sich ein eiskaltes Bier. "So langsam beginnt der Ansturm", kommentiert Kassiererin Grübert.

Wie lange sich Kunden noch zu solch später Stunde an Tankstellen ein kühles Bier, Wein oder Schnaps kaufen können, ist aber fraglich. Geht es nach dem Willen einiger Politiker, dürfen Alkoholika zwischen 22 und 6 Uhr nicht mehr verkauft werden. Der Anstoß kam aus Baden-Württemberg von Ministerpräsident Günther Oettinger und dem stellvertretenden Landesvorsitzenden Sven Petke (beide CDU). Sabine Bätzing (SPD), Drogenbeauftragte der Bundesregierung, will das Verbot in einen bundesweiten Aktionskatalog aufnehmen. Sie hofft, den allgemein zu hohen Alkoholkonsum der Bevölkerung damit einzudämmen - besonders den der Jugendlichen.

Bei Iris Grübert an der Kasse steht gerade ein 39-jähriger Schwede, der in Düsseldorf arbeitet. "Gleich treffe ich mich noch mit Kollegen", erzählt der Geschäftsmann. Die Klientel, die zum nächtlichen "Nachtanken" in den Shop komme, sei querbeet gemischt, sagt die Besitzerin der Tankstelle, Nadine Ehreke. Im Schnitt kämen täglich 1200 Pendler und Anwohner in die Tankstelle, um Benzin, Zigaretten, Tiefkühlpizza oder Getränke zu kaufen - viele noch nicht einmal mit dem Auto, sondern mit dem Fahrrad oder zu Fuß.

So wie Pia Bauer, die gerade ihren Dienst beendet hat und auf dem Weg nach Hause einen Abstecher in die Tankstelle macht. Sie kauft zwei Flaschen Sekt und hält ein Schwätzchen mit Iris Grübert. Ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot hält sie nicht für sinnvoll: "Wenn jemand trinken will, kommt er auch ohne Tankstelle an Alkohol." Natürlich sei es nicht angebracht, wenn sich junge Erwachsene total betrinken. Aber die Tankstellenpächter hielten sich an das Jugendschutzgesetz - und die anderen seien volljährig. Denen könne man das Trinken nicht verbieten.

Alkoholika sind die wichtigsten Artikel im Tankstellen-Shop an der Grafenberger Allee. "Ich schätze, dass Alkohol hier bis zu 40 Prozent unseres Umsatzes ausmachen", sagt Besitzerin Ehreke. Durch ein neues Gesetz müsste sie enorme Verluste hinnehmen. Gerade abends und nachts, wenn die Supermärkte geschlossen haben, verkaufe sie richtig gut. Am Wochenende müsse sie sogar zwei Kassen besetzen, um den Andrang zu bewältigen. Auch Nachtschichtlerin Iris Grübert bereitet die Diskussion Magenschmerzen: "Tritt das Verbot in Kraft, würde ich mir sogar Sorgen um meinen Job machen."

Je nach Lage und Öffnungszeit treffe das Gesetz die Tankstellen unterschiedlich, meint der Geschäftsführer des Tankstellenverbandes, Jürgen Ziegler. Gerd Rötzel beispielsweise, Besitzer von zwei Aral-Tankstellen am Südring und an der Pariser Straße, sieht dem Ganzen gelassen entgegen: "Bei uns sinkt der Anteil von Alkohol am Umsatz seit Jahren stetig. 85 Prozent der verkauften Getränke sind alkoholfrei."

Ein "organisatorisches Problem" sei aber in jedem Fall das Wegsperren der Flaschen, sagt Jürgen Ziegler. Und Iris Grübert hat beim Gedanken ans tägliche Umräumen schon Sorgenfalten auf der Stirn. "Wir müssten ja jeden Abend die Kisten rausschleppen, das Weinregal ausräumen und die Flachmänner vor der Kasse einsammeln, damit die Kunden sich nicht einfach selber bedienen können", malt sie sich aus. Wenn die Leute nicht wie gewohnt einkaufen könnten, gebe das bestimmt Ärger, befürchtet sie. Schon jetzt würden sich einige aufregen, weil sie den Champagner aus dem Sortiment genommen habe. Jürgen Ziegler betont: "Im Zweifel müssen die Betreiber auf den Nachtschalter umsteigen - und Tanken ohne Nachtschalter müssten im Ernstfall nachts schließen." Seine Kritik an dem geplanten Gesetz ist grundsätzlicher Natur: "Mit einem Gesetz, das nur bestimmte Geschäfte und dazu noch spezielle Uhrzeiten betrifft, kriegt man das Problem nicht in den Griff."

(RP)
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