Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel Die andere CDU

Die Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel sorgt für Aufsehen. Sie sagt, sie hat in Berlin noch einiges vor.

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Interview Sylvia Pantel
Foto: Andreas Bretz

110518 Interview Sylvia Pantel Foto: Andreas Bretz

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Sylvia Pantel hatte kürzlich einen Termin mit der Kanzlerin. Es ging um Familienpolitik, ihr Kernthema. Pantel will erreichen, dass Familien leichter ans Baukindergeld kommen, und dass Eltern, die ihr Kind zu Hause betreuen möchten, länger Geld erhalten. Sie hat da einige Ideen. Das Gespräch verlief gut, sagt sie. Eine Fraktionskollegin hat sogar ein Handy-Foto gemacht.  Für Pantel war das Gespräch eine Bestätigung, dass sie in Berlin weiterkommt.

Kein Zweifel besteht daran, dass von Sylvia Pantel viel aus Berlin zu hören ist: Die Abgeordnete aus dem Düsseldorfer Süden taucht in den Medien im ganzen Land auf – oft mit Positionen, die auch unter Konservativen als konservativ gelten. Darüber hinaus fällt sie durch eine meinungsfreudige Facebook-Seite auf. Mal kritisiert sie die Lockerung des Werbeverbots  für Abtreibungen, dann den Familiennachzug für Flüchtlinge. In der Unions-Krise zur Flüchtlingspolitik unterstützte Pantel den Vorstoß von Horst Seehofer. Und zu den jüngsten Ereignissen in Chemnitz teilte sie bei Facebook einen Beitrag von Wolfgang Bosbach, der eine „Tabuisierung” der Probleme durch Zuwanderung beklagt. Pantel: “Da spricht mein ehemaliger Kollege mal wieder aus, was andere denken.”

Das sind Positionen, für die Pantel Applaus bekommt, aber auch aneckt. Das gilt auch für den CDU-Kreisverband. Für diejenigen, die in Düsseldorf eine moderne Großstadt-CDU wollen, ist Pantel ein rotes Tuch, nicht erst seit ihrer Wahl in den Bundestag. Dass Sie die Partei nach rechts rücken wolle, bestreitet sie. Sie sagt, sie habe ihre Ansichten nie verändert, seit sie vor 22 Jahren in die Partei eingetreten ist. Verändert habe sich die CDU. „Anders als andere habe ich unser Parteiprogramm gelesen.“

Sie sagt das beim Gespräch, zu dem sie in den Garten ihres Einfamilienhaus in Wersten geladen hat. In einer Ecke stehen noch Paletten mit Blumen, die von der letzten Pflanzaktion übriggeblieben sind. Motto: „Blumen für Benrath“. Ihre beiden altdeutschen Schäferhunde warten darauf, dass wieder ein Stöckchen fliegt. Pantel sagt, sie hat sich die Tiere auch deshalb angeschafft, weil sie sich mit vielen angelegt hat, von den Schaustellern in Rath bis zu radikalen Muslimen.

Wenn man mit ihr über Politik redet, geht es  immer schnell um ihr eigenes Leben. Über die Schulpflegschaft kam sie mit der Politik in Kontakt.  Als sie merkte, dass die Töchter für das Ticket zur Schule mehr zahlen müssen als ihr Mann für sein Betriebsticket, erwirkte sie mit anderen Eltern die Einführung des „Schoko-Tickets“. Sie kann viele solche Geschichten erzählen, auch aus ihren neun Jahren im Stadtrat: Problem gesehen, angepackt, gelöst. So sieht sie ihre Rolle, jetzt halt auf höherer Ebene in Berlin.

Dort will sie auch aus Lebenserfahrungen schöpfen, über die wenige Berufspolitiker verfügen. Pantel, seit 1979 verheiratet, hat ihr Studium der Betriebswirtschaft abgebrochen und fünf Kinder großgezogen. Sie hat sechs Jahre lang ihre Tante gepflegt. Sogar die Fliesen auf der Terrasse ihres Hauses hat sie mit ihrem Mann verlegt. So viel Bodenständigkeit kommt an, gerade im Düsseldorfer Süden. Auch ihre parteiinternen Gegner wissen, was sie an Pantel haben.

Die neue Aufmerksamkeit genießt Sylvia Pantel, seit sie Sprecherin des „Berliner Kreises“ geworden ist, einem Zusammenschluss der Konservativen in der CDU-Fraktion. Wolfgang Bosbach, das bekannteste Mitglied der Gruppe und ein Vorbild für Pantel, hatte sie zur Mitarbeit eingeladen. Das  war 2014 oder 2015, also kurz nach ihrem Eintritt in den Bundestag. Nun, nach Bosbachs Abschied, ist sie an die Spitze gerückt. Wie groß der Einfluss der Gruppe wirklich ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Viele sagen, es handele sich weniger um einen Sturm der Konservativen als um ein laues Lüftchen. Pantel sagt, sie habe andere Erfahrungen: „Man hört auf uns.“

Sie hat auch erlebt, wie kritisch sie und der Berliner Kreis beäugt werden. Für ein unglückliches Positionspapier zum Klimawandel gab es scharfe Kritik. Vor einem Jahr musste sie sich rechtfertigen, weil sie einen Zeitungsartikel bei Facebook geteilt hatte und den Kommentar eines AfD-Polikers gleich mit. Eine Nähe zur AfD weist sie zurück: Zu dieser Partei, sagt Pantel, pflege sie ein praktisches Verhältnis: Wenn die AfD eine vernünftige Position habe, stimme sie zu. „So halte ich es auch mit der Linkspartei.“

Pantel sagt, sie hat in Berlin noch einiges vor. In der Sommerpause hat sie sich in ein weiteres Thema eingearbeitet, in dem sie sich mit dem Berliner Kreis zu Wort melden will. Es geht um das Kindergeld für EU-Ausländer. Pantel beklagt, dass zum Beispiel Rumänen  den vollen Satz ausgezahlt bekämen, auch wenn ihre Kinder in der Heimat wohnten. 194 Euro, das ist dort viel Geld. „Das schafft falsche Anreize.“ Sie geht davon aus, dass man in der Fraktion auf sie hören wird.

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