Prozess gegen Salafisten Sven Lau Terror-Ausrüstung zur Schwiegermutter bestellt

Düsseldorf · Gekämpft hat er nicht - aber Geld, Nachtsichtgeräte und Männer soll er nach Syrien geschickt haben, um eine Terrorgruppe zu unterstützen. Deswegen wird dem Mönchengladbacher Salafisten Sven Lau seit Dienstag der Prozess gemacht. Er könnte auch als IS-Terrorist verurteilt werden.

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Salafistenprediger Sven Lau beim Prozessauftakt in Düsseldorf

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Foto: dpa, fg pil

Müde sieht er aus, die Haare kürzer als zuvor, der Bart dicht und lang. Sven Lau sitzt - flankiert von Polizisten - hinter Panzerglas und winkt seinen Anhängern zu. Etwa 15 meist junge und ebenfalls bärtige Männer sammeln sich im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts vor der Scheibe. Ihnen zeigt der wohl prominenteste Salafistenprediger Deutschlands den hochgereckten Daumen. Neun Monate sitzt er jetzt in Untersuchungshaft.

Angeklagt ist der 35-Jährige als Unterstützer der syrischen Terrorgruppe Jamwa ("Armee der Auswanderer und Helfer"). Doch der Vorsitzende Richter Frank Schreiber eröffnet Lau sogleich, dass der Senat erwägt, ihn auch als Terroristen des "Islamischen Staats" zu verurteilen. "Unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe" habe Lau die islamistische Terrormiliz Jamwa unterstützt, die damals bereits eng an den "Islamischen Staat" angebunden war und später in ihm aufgegangen sei. "Sein Netzwerk Gleichgesinnter reicht von hier bis Syrien", sagt Staatsanwalt am Bundesgerichtshof, Malte Merz. Lau sei ein Befürworter des Heiligen Kriegs. Lau selbst betonte früher immer: "Ich bin kein Kämpfer, ich schicke lieber Geld und Medikamente."

Lau, der sich den Namen "Abu Adam" gegeben hat, soll der Terrorgruppe bis Juli 2013 geringe dreistellige Geldbeträge, Nachtsichtgeräte und zwei kampfwillige Männer beschafft haben.

  • Einmal steckte er laut Anklage einem ausreisenden Kämpfer 100 Euro zu, einmal überbrachte er 250 Euro.
  • Im Oktober 2013 soll er drei Nachtsichtgeräte im Wert von 1440 Euro bei einem Bundeswehr-Onlineshop aus Wittenberge (Brandenburg) bestellt haben, die eine andere Person in drei Raten bezahlte — laut Anklageschrift, weil Lau seine Beteiligung an der Tat vertuschen wollte. Geschickt wurden die Geräte dann an die Adresse von Laus Schwiegermutter in Düsseldorf-Garath. Lau soll die Geräte bei seiner Reise nach Syrien an Jamwa übergeben haben.
  • Detailreich schildert die Anklageschrift, wie Lau zwei Männer aus seinem Mönchengladbacher Umfeld nach Syrien geschickt haben soll. Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft hat er als "verlängerter Arm" der "Jamwa" in Deutschland die Ausreise seiner beiden Anhänger nach Syrien organisiert. Mit täglichen Whatsapp-Nachrichten soll er sie bestärkt und ihnen den Kontakt zu einem Schleuser vermittelt haben.

Den einen, Zouneir L., nahm Lau nach seiner eigenen Syrienreise wieder mit nach Hause. Er hatte sich offenbar nicht in die Kampfgruppe eingefügt. Der andere, Ismail I., kämpfte in Syrien, bis er im November 2013 nach Deutschland zurückkehrte und dort verhaftet wurde. Ein Stuttgarter Gericht verurteilte ihn 2015 zu viereinhalb Jahren Haft.

Es sind diese beiden Zeugen, so vermutet Laus Verteidiger Mutlu Günal, auf deren Aussage sich die Anklage hauptsächlich stützen will. Das macht den Prozess für ihn zu einem "juristischen Blindflug": "Einer der Zeugen ist verrückt. Der andere ist ein notorischer Lügner." Mit letzterem ist offenbar Ismail I. gemeint. "Die Ermittler versprechen ihm das Blaue vom Himmel", so Günal. "Kein Wunder, dass er dann alles sagt, was sie hören wollen."

Im Prozess wolle sich sein Mandant "schweigend verteidigen", sagt Günal. Zumindest so lange, wie der Generalbundesanwalt "laufend neue Akten nachreicht". Er habe bisher keine vollständige Einsicht gehabt, so Günal. Ihm sei zugetragen worden, dass "im Keller des Generalbundesanwalts" noch einiges lagere. Lau werde zu den Terrorvorwürfen schweigen, sagt der Verteidiger.

Dementsprechend entfällt der zweite Verhandlungstag am Mittwoch, der für eine mögliche Aussage Laus reserviert war. Der erste endete nach einer halben Stunde mit einem Hinweis des Gerichts: Lau könne im laufenden Verfahren nicht nur wegen Unterstützung, sondern auch wegen Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat Irak und Großsyrien" (ISIG), in der "Jamwa" Ende 2013 aufging, verurteilt werden. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft. Sein Verteidiger nimmt den Hinweis gelassen: "Der Senat glaubt selbst nicht daran."

30 Verhandlungstage hat das Oberlandesgericht bis Mitte Januar 2017 für den Fall angesetzt.

(hpaw)
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