Düsseldorf Super-Sommer, du darfst nicht gehen

Düsseldorf · Vier Wochen voller Sonne und azurblauem Himmel haben Stadt und Menschen verändert. Der Abschied von dieser Zeit fällt schwer.

 Hochsommer am Mannesmannufer: Loretta (23) liest den Liebesroman "After truth" und genießt noch einmal die Sonne.

Hochsommer am Mannesmannufer: Loretta (23) liest den Liebesroman "After truth" und genießt noch einmal die Sonne.

Foto: Andreas Endermann

Die Menschen lachen viel an diesem vorletzten Tag des Jahres, an dem das Thermometer noch einmal locker die 30-Grad-Marke überspringt. Inzwischen ist das fast eine Selbstverständlichkeit. In den Terrassencafés an der Kö bleibt am Mittag die erste Reihe trotzdem leer. Die Markisen, auf denen so klangvolle Namen wie "La Passione di Firenze" und "Gran Café Leonardo" steht, spenden hier keinen Schatten.

Nur Michael Hambüchen (37) und Leila Sebky (33) trauen sich auf den Logenplatz. Die beiden haben frei, genießen die Sonne und den azurblauen Himmel. "Das dürfte nie zu Ende gehen", meinen sie. Ein unerfüllbarer Wunsch. Behalten die Meteorologen recht, wird der Spätsommer, der eigentlich ein fulminanter Hochsommer war, heute Abend mit einzelnen Schauern zu Ende gehen. Blitz und Donner nicht ausgeschlossen.

Ein Blick auf die Gedecke an den Nachbartischen verrät, was an Tagen wie diesen den Kö-Besuchern die Seele streichelt: Honigmelone mit Schinken und Rucola, Weißwein- und Rhabarberschorle, Eiskaffee und Weizenbier mit Grapefruit- oder Limette-Zusatz sind zu sehen. Doch manchmal reicht auch weniger. Tourist John Heys stellt vor einem Juwelierladen seine halbvolle Wasserflasche auf den Boden. Eine Frau macht ein Zeichen, das wohl Durst oder Trinken bedeuten soll. Der Engländer nickt, die Frau nimmt sich die Flasche. "Vielleicht will Sie auch nur das Pfand, aber ich finde das okay", sagt er.

Besonders sind diese Tage. Der Wind streicht durchs Haar, die dunkelgrünen Baumkronen mit ihren ersten gelben und braunen Blättern betonen den azurblauen Himmel zusätzlich. Die Sonne strahlt hell, fast gleißend. Sie blendet. Vor allem fehlt die rheinische Schwüle, das Drückende, das sonst nach spätestens drei Tagen die Freude der Düsseldorfer an der Sommerwärme dämpft. "Wie in Griechenland", sagt Elisavet. Die junge Frau, die am Burgplatz kellnert, muss es wissen. Sie stammt aus der nordgriechischen Metropole Thessaloniki, hat "das so in Düsseldorf noch nicht erlebt". Ägäis am Rhein sozusagen - nicht nur Elisavet macht das Spaß.

Vieles wird uns von morgen an verborgen bleiben. Zum Beispiel das große Pistolen-Tattoo knapp unter der Schulter, mit dem eine Brünette einen der wenigen noch freien Plätze auf ihrer Haut verziert hat. Schön sieht das nicht aus, aber es regt die Fantasie an. Ist die Dame vielleicht mit einem Unterwelt-Boss aus der Altstadt liiert? Oder doch nur begeistertes Mitglied in einem Schießsport-Verein? Fragen können wir nicht mehr, ein Geländewagen hält am Straßenrand, Frau und Pistole verschwinden hinter der getönten Scheibe des Beifahrerfensters.

Fehlen wird uns auch das skurrile Outfit eines Tierschützers vor dem Carsch-Haus. Sein schwarz-weißes Kuhkostüm mitsamt Plastikeuter auf dem Bauch endete gestern irgendwo unter der Hüfte. Der Hitze wegen hat der Mann seine Beine frei gelassen. Offen bleibt nur, warum rote Socken auch bei 32 Grad seine Füße zieren.

Ja, natürlich wir haben auch Mitleid: mit den von der Hitze gebeutelten Dachgeschoss-Bewohnern, mit Arbeitnehmern in Büros ohne Klimaanlage, mit Menschen, die ihre Schweißtücher seit vier Wochen nicht mehr aus der Hand gelegt haben und natürlich mit den Händlern am Carlsplatz. "Flammkuchen will bei diesem Wetter keiner haben", sagt Verkäufer Simon (22). Und gegenüber wartet Gemüsehändlerin Angelika Schidan vergeblich auf Steinpilze aus der Eifel, die sonst viele Kunden anlocken. "Zu warm, zu trocken", sagt sie. Und ganz viel Verständnis haben wir auch für Ango Lessing, der tapfer in einen Anzug gekleidet mit Sonneschirm in der Hand einen Kö-Juwelier bewacht und sagt: "Ich freue mich auf Regen, Sturm und Kälte."

Und doch können wir einfach nicht loslassen. Der tollen Nachmittage am Unterbacher See und im Freibad wegen. Vor allem aber der guten Laune wegen. Mediterran war nicht nur der Himmel über der Stadt, sondern vor allem auch die Menschen auf ihren Straßen waren es. Ciao, schönster Spät-Sommer von allen!

(jj)
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