Bergische Kaserne in Düsseldorf Streit um Flüchtlinge am Stadtrand

Düsseldorf · Am Freitag werden Unterkünfte in elf Leichtbauhallen auf dem Gelände der Bergischen Kaserne am Stadtrand von Düsseldorf eröffnet. Doch ein Bürgerverein ist skeptisch, weil Integration so weit weg vom Zentrum nur schwer gelingen könne.

Flüchtlinge in Düsseldorf: Traglufthalle aufgebaut
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Erste Traglufthalle für Flüchtlinge in Düsseldorf aufgebaut

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Foto: dpa, fg jai

Der Streit zwischen der Stadt und dem von Ex-Sparkassen-Vorstand Andreas Goßmann geführten Bürgerverein Bergisches Viertel um die Flüchtlingspolitik hält an. Dabei geht es um gesamtstädtische Zahlen und die Frage, ob eine Unterbringung von fast 400 Schutzsuchenden in der Bergischen Kaserne von der kommenden Woche an der Integration dienen kann. Die wichtigsten Fragen und Fakten im Überblick.

  • Mit wie vielen Flüchtlingen muss Düsseldorf rechnen?

Der Bürgerverein beruft sich auf aktuelle Zahlen der für die Verteilung in Nordrhein-Westfalen zuständigen Bezirksregierung in Arnsberg. Danach sei die Zahl der Flüchtlinge in Düsseldorf zwischen Juli und Oktober von 6852 auf 6834 sogar leicht gesunken. Unverständlich sei deshalb, dass die städtische Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch noch im September davon gesprochen habe, die Stadt müsse "mit bis zu 10.000 geflüchteten Menschen" bis Jahresende rechnen. Tatsächlich ist diese Größenordnung inzwischen vom Tisch. "Zum Stichtag 1. Dezember lebten 7878 Flüchtlinge in den Unterkünften, darunter 3032 mit einem bereits verfestigten Aufenthaltsstatus", sagt Kochs Stellvertreter Frank Griese. Pro Woche kämen zwischen 50 und 100 Schutzsuchende hinzu. "Zum Jahresende gehen wir deshalb von rund 8300 Menschen aus", sagt er und schätzt, dass es "im Großen und Ganzen" dabei bleiben wird - vorausgesetzt die Zahl derer, die nach Deutschland fliehen, bleibt auf dem aktuellen Niveau.

  1. Warum unterscheiden sich die Zahlen aus Arnsberg und Düsseldorf?

"Weil die Zahlen in Arnsberg nicht aktuell sind und weil hier offenbar unterschiedliche Personenkreise gezählt werden", sagt Griese. Tatsächlich stammt die Angabe der Arnsberger Bezirksregierung (6834 Flüchtlinge) vom 1. Oktober, die Zahlen der Stadt vom 1. Dezember. Zudem glaubt Griese, dass in Arnsberg nur bestimmte Düsseldorf offiziell zugeteilte Männer und Frauen statistisch erfasst werden. "Es kamen aber weitere Menschen mit Flucht-Biografie zu uns", sagt der stellvertretende Flüchtlingsbeauftragte. Tatsache sei, "dass zurzeit fast 7900 Zufluchtsuchende hier in Düsseldorf leben."

  1. Hat Düsseldorf nun ausreichend Flüchtlinge aufgenommen oder nicht?

Die Argumentation der Stadt lautet: Weil nach dem Wegfall von Landesunterkünften für Geflüchtete im Stadtgebiet diese Plätze nicht mehr angerechnet werden, steigt die Zahl der Menschen, die Düsseldorf noch aufnehmen muss, um die vom Land errechnete Quote zu erfüllen. Diese Erfüllungsquote sei aber nach wie vor noch nicht vollständig erreicht. Der Bürgerverein macht dagegen eine andere Rechnung auf. Düsseldorf habe seine Pflichten bereits erfüllt, wenn die Quote die 90-Prozent-Marke überschreite. Und das sei inzwischen der Fall. Griese widerspricht dieser Lesart. "Es gibt Städte, die haben die geforderte Quote um ein Vielfaches übererfüllt. Das Land weist dort niemanden mehr zu. Wir hingegen haben diese 100 Prozent nicht erreicht und erhalten deshalb weitere Zuteilungen. Das können und dürfen wir gar nicht ablehnen."

  1. Ist Integration in Groß-Unterkünften am Stadtrand überhaupt möglich?

"Es ist nicht ideal und wir hätten es gerne anders", teilt Griese an diesem Punkt die Skepsis des Bürgervereins. Doch die Stadt habe keine andere Wahl. "Städtische Grundstücke, die infrage kämen, gibt es nicht mehr und Verhandlungen mit privaten Grundstückeigentümern waren leider ergebnislos." Wenn die Stadt in solch einer Situation das Angebot des Landes erhalte, Kapazitäten an der Bergischen Kaserne zu nutzen, wäre es "fahrlässig, hier zu einer vorübergehenden Unterbringung ,Nein' zu sagen".

  1. Was sagen die Menschen vor Ort?

Spaziergänger und Autofahrer müssen sich schon sehr die Hälse verrenken, um von den neuen Leichtbauhallen etwas zu sehen. Zwar gibt es ein paar Wände, doch die werden von den vorhandenen alten Kasernen-Gebäuden verdeckt. Ein Passant, der hier mit seinem Hund spazieren geht, wusste bis zum Wochenende noch gar nicht, dass hier nun Platz für Flüchtlinge geschaffen werden soll. Allerdings stellt der Anwohner die Frage, die sich hier viele stellen. "Was sollen die denn hier machen?", fragt er. Ein Supermarkt gäbe es ja, aber ansonsten gebe es keine Infrastruktur. "Hier sind Feld und Wiesen und weiter nichts", sagt er und fügt hinzu: "In der Stadt wären die doch deutlich besser aufgehoben."

(RP)
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