Düsseldorf Stalking-Paragraf muss verbessert werden

Düsseldorf · Opfer von Nachstellungen bekommen zu wenig Hilfe. Kritik der Düsseldorfer Frauenberatungsstelle

Der Fall einer 46-Jährigen, die von ihrem Ex-Freund über Jahre verfolgt wurde und nicht einmal Hilfe aus dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) bekam, hat viele unserer Leser empört. Dabei ist das Schicksal der Frau kein Einzelfall, heißt es aus der Frauenberatungsstelle Düsseldorf. "Die meisten Anträge für Opferentschädigung werden abgelehnt", sagt Heidi Bremer. Denn das OEG setzt voraus, dass die Opfer körperliche Gewalt erlebt und sie selbst alles versucht haben, um das zu verhindern. Die oft schwerwiegenden psychischen Folgen von Stalking sind im Gesetz nicht vorgesehen.

Schwierigkeiten sehen die Düsseldorfer Beraterinnen, die immer öfter auch mit dem Thema Stalking konfrontiert werden, nicht erst bei der Opferhilfe. Der Paragraf im Strafgesetzbuch, der 2007 die sogenannte Nachstellung überhaupt erst als Straftat anerkannte, habe sich als unzulänglich erwiesen, sagt Bremer. "Gedacht war er dazu, Opfer aus der Hilflosigkeit zu befreien. Aber tatsächlich greift er zu spät."

Das Problem: Stalking ist im Strafgesetzbuch ein "Erfolgsdelikt". Erst wenn der Stalker dem Opfer spürbar zugesetzt hat, gilt die Tat als erwiesen. Heißt im Klartext: Ein Stalking-Opfer, dem täglich vor der eigenen Haustür aufgelauert wird, und das trotzdem nicht die Wohnung wechselt, wird selten vor Gericht zu seinem Recht kommen. Denn die Tat des Täters blieb ja folgenlos. Stalking müsse dringend zum "Eignungsdelikt" werden, fordert nicht nur die Düsseldorfer Frauenberatungsstelle. Entsprechende Petitionen liegen dem Bundesjustizminister schon seit mehr als einem Jahr vor. Der Unterschied: Gerichte müssten Taten dann danach bewerten, ob sie dazu geeignet sind, dem Opfer zu schaden. Und nicht mehr abwarten, bis der Schaden tatsächlich angerichtet ist.

Die derzeitige Rechtslage aber zwingt Opfer dazu, dem Täter aus dem Weg zu gehen. Telefonnummern zu wechseln, umzuziehen, einen neuen Job anzunehmen, womöglich in eine andere Stadt zu gehen. "Das Opfer muss alles aufgeben, damit es vor Gericht als ,schwerwiegend beeinträchtigt' gilt und der Tatbestand Stalking tatsächlich erfüllt ist - das ist absurd", sagt Bremer.

Noch schwieriger ist die Situation bei Müttern, denen von ihren Ex-Partnern nachgestellt wird. Häufig sei das die Fortsetzung einer gewalttätigen Beziehung, aus der sich die Frauen mühsam befreit haben. "Über das Sorge- und Umgangsrecht für die Kinder üben die Männer in solchen Fällen weiter Druck aus, dem sich die Frauen kaum entziehen können - schließlich haben die Kinder ein Recht auf den Umgang mit dem Vater."

Werde dennoch Anzeige erstattet, würden solche Fälle dann häufig von Polizei und Staatsanwaltschaft als Sorgerechtsstreitigkeiten behandelt. Auch das könne verbessert werden, indem es bei den Strafverfolgungsbehörden feste Zuständigkeiten für Stalking gebe. Bremer: "Dann landen Anzeigen wegen Beleidigung, Bedrohung, Körperverletzung, Sachbeschädigung und anderen, für Stalker typischen, Delikten nicht immer bei unterschiedlichen Sachbearbeiten - und das Tatmuster wird schneller offensichtlich und damit verfolgbar."

(RP)
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