Brauchtum Ohne Sammler kein Martinszug

Wittlaer · Bevor in Wittlaer das beliebte Martinsfest gefeiert werden kann, muss die Finanzierung gesichert sein. Seit mehr als 100 Jahren sammeln deshalb Ehrenamtliche Geld im Dorf. Die Spendenbereitschaft ist groß.

 Die Martinssammler von Wittlaer: (v.l.) Hans-Josef Abels, Julia Zakrzewski und Manfred Zielgers.

Die Martinssammler von Wittlaer: (v.l.) Hans-Josef Abels, Julia Zakrzewski und Manfred Zielgers.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

St. Martin hat in Wittlaer eine über 100 Jahre alte Tradition. 1912 gründete sich dort ein Komitee, um einen Martinszug zu organisieren. Bereits im ersten Jahr wurde der Grundstein für einige Traditionen gelegt, die sich bis heute gehalten haben. So fand schon nach dem ersten Martinszug eine Bescherung für Kinder statt, die nur durch die „Opferwilligkeit der Bürger der Gemeinden Wittlaer-Einbrungen sowie Bockum und Froschenteich“ ermöglicht werden konnte, wie damals die Zeitungen schrieben.

Inzwischen spricht man wohl eher von Spendenbereitschaft, aber auch heute noch wird vor jedem Martinsfest an den Türen gesammelt, um den Zug und die rund 1400 Martinstüten zu finanzieren, mit denen Kinder und Senioren am Martinsfest überrascht werden. Seit 40 Jahren gehört Manfred Zielgers zu den fleißigen Sammlern. „Aus Dankbarkeit gegenüber meinem Großvater, der schon in den 1920er Jahren das St. Martinsfest mitgestaltet hat, ist mein Jahrzehnte langer Einsatz zu erklären“, sagt Zielgers.

Inzwischen kennt er seine „Kunden“ bestens, zumal er hartnäckig am Ball bleibt. Bis zu fünf Mal dreht Zielgers seine Runden, um auch alle Bewohner seines Sammlergebietes zu erreichen. „Gespendet werden dann zwischen fünf und 50 Euro.“ Dafür bekommen die Spender bei Bedarf Gutscheine für die beliebten Martinstüten. Wer nicht angetroffen wird, bekommt ein ausführliches Schreiben mit allen Informationen zum anstehenden Martinsfest in den Briefkasten geworfen. „Da wir ja nach Möglichkeit in direkter Nachbarschaft sammeln, kennen mich die Leute meistens und freuen sich über meinen Besuch. Ich werde dann häufig hineingebeten, es gibt etwas zu Trinken, und Neuigkeiten werden ausgetauscht“, sagt Sammler Hans-Josef Abels.

Gute Erfahrungen hat auch Giulia Zakrzewski gemacht. „Die meisten Leute spenden gerne und betonen, wie wichtig das Martinsfest für den Ort ist.“ Vor sechs Jahren hat Zakrzewski das Amt von einer Nachbarin übernommen und gehört nun zu den rund 30 Martinssammlern. „Wir suchen aber immer noch weitere Helfer, da wir ja auch die Tüten packen müssen. Da sind dann etwa 20 Personen im Einsatz“, sagt Kaspar Hilger, Sprecher der Bruderschaft, die seit vielen Jahren die Organisation des Festes übernommen hat. Dabei werden die Schützen traditionell von der Freiwilligen Feuerwehr unterstützt, die den Zugweg mit absichert und das große Martinsfeuer bewacht. Einmal hatte die Wehr aber auch einen außerplanmäßigen Einsatz. „Die kleinen Kerzenlichter, mit denen meine Mutter das Haus festlich erleuchtet hatte, setzten die Fensterbank in Brand“, sagt Zielgers.

Gibt es einen Spendenüberschuss, werden die Gelder an Kinder- und Jugendprojekte im Stadtteil verteilt. Unter anderem wurden damit die Kindertagesstätten, die Grundschule, die Graf-Recke-Stiftung und die Jugendfeuerwehr bedacht. Auch alle kranken Kinder, die im Florence-Nightingale-Krankenhaus liegen, bekommen eine Tüte. Und während sich die Kinder in Wittlaer die Tüte beim Martinsfest selber abholen, wird den Senioren im Stadtteil, die über 70 Jahre alt sind, diese gebracht. „Mich rührt es, wenn dann Senioren darum bitten, dass ich die Tüte doch an andere Menschen weiterreichen soll“, sagt Zielgers. Geteilt wird also auch heute noch wie es St. Martin vorgemacht hat.

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