Französischer Besuch in Düsseldorf-Wersten Das Weihnachtswunder von Wersten

Vor 75 Jahren stürzte Heiligabend ein Kriegsbomber ab. Nun kam die Tochter eines Überlebenden zur Absturzstelle.

 Heinz Leo Schuth, Cornelia Mohrs, Peter Blumenrath, Wolfgang Vergölts, Uwe Baum, Genevieve Monneris und Werner Baum (v.l.) und der geborgene Motor.

Heinz Leo Schuth, Cornelia Mohrs, Peter Blumenrath, Wolfgang Vergölts, Uwe Baum, Genevieve Monneris und Werner Baum (v.l.) und der geborgene Motor.

Foto: Simona Meier

Sieben Rosen legte Geneviève Monneris kurz vor Heiligabend zum Gedenken am Brückerbach ab. “Es war sehr emotional, es flossen Tränen, aber wir waren alle gemeinsam da“, sagt sie. Für sie ist dieser Moment das fehlende Puzzlestück ihrer Familiengeschichte. Begleitet wurde sie von den Düsseldorfern Uwe und Werner Baum mit Familien. Ein Bild erinnert an die siebenköpfige Crew, die am Heiligabend 1944 mit ihrem britischen Bomber in Wersten abstürzte. Der Vater von Monneris war an Bord und überlebte mit einem weiteren Besatzungsmitglied, fünf Menschen starben. Jetzt besuchte die Tochter erstmals Düsseldorf. Fast hätten die Bahnstreiks in Frankreich die pünktliche Anreise verhindert. Dann buchte Geneviève Monneris kurzerhand einen Flug und reiste alleine an. Zwei weitere Angehörige der damaligen Crewmitglieder wollten sie eigentlich nach Wersten begleiten.

„Es ist überwältigend“, sagt Zeitzeuge Werner Baum als er gemeinsam mit ihr an der Absturzstelle steht. Er erlebte den Absturz in Wersten vor 75 Jahren als Fünfjähriger. Immer wieder erzählte er seiner Familie diese Geschichte. Als im Februar 2019 auf einer Baustelle an der Straße „Auf´m Rott“ ein Flugzeugmotor gefunden wird, rückten die dramatischen Ereignisse nach Jahrzehnten wieder in den Blick der Familie, die nicht weit entfernt vom Fundort wohnt. „Wir haben uns des Motors angenommen“, sagt Sohn Uwe Baum. Jetzt ist Geneviève Monneris bei ihm zu Gast. „Ich fühle mich so herzlich hier empfangen“, sagt sie.

Stück für Stück gelangen Sicherung und Säuberung des Motors. Stück für Stück kam die Geschichte der Crew ans Licht und erste Kontakte mit den Angehörigen zustande. Der Hobby-Historiker Thomas Boller aus Gerresheim, der bereits den Absturz eines britischen Lancaster-Bombers am 12. Dezember 1944 über dem Wildpark in Düsseldorf recherchierte, brachte die Werstener auf die Spur der damaligen Crew. Die Daten dazu stammen aus dem Friedhofsregister des Nordfriedhofs. Die Hinweise führten zu Geneviève Monneris, die mit ihrem Sohn 2007 im Film „De Lourds Souvenirs“ (schwere Erinnerungen) die Werstener Ereignisse dokumentiert. Dort beschreibt ihr Vater André Guedez, was passierte: „Unser Flugzeug wurde über Düsseldorf von einer Flak getroffen und ein Motor geriet in Brand.“ Er und François Duran überlebten den Absturz. 67 Jahre lang telefonierten sie an jedem Heiligabend miteinander und erinnerten sich an die fünf verstorbenen Crew-Mitglieder. In Frankreich und England ist das Geschehen auch als „Weihnachtswunder“ bekannt. Die Geschichte ist zudem im Museum im britischen Elvington dokumentiert, wo die Maschine an jenem Heiligabend startete.

 Genevieve Monneris erhielt ein Stück vom Motor des Flugzeugs, mit dem ihr Vater abstürzte.

Genevieve Monneris erhielt ein Stück vom Motor des Flugzeugs, mit dem ihr Vater abstürzte.

Foto: Simona Meier

75 Jahre später bereiten Menschen in Wersten Geneviève Monneris einen herzlichen Empfang. Bläser aus der Nachbarschaft spielen ein Weihnachtslied. Zeitzeugen begegnen dem französischen Gast bei Familie Baum persönlich. „Für mich ist es sehr wichtig, hier Menschen zu treffen, die sich an den Absturz erinnern“, sagt Monneris. Auch die Mitglieder des Stadtrates Cornelia Mohrs (SPD) und Peter Blumenrath (CDU) besichtigen mit ihr den Motor im Garten von Uwe Baum. „Dass wir heute in Europa in Frieden und Freiheit zusammen stehen können, ist ein toller Grund zu feiern. Es geht uns um die europäische Freundschaft“, sagt Peter Blumenrath. Uwe Baum überreichte der Französin als Erinnerung ein kleines Motorstück in einer Holzkiste. Ob und wo der Motor ausgestellt werden kann, ist noch offen. Der Heimatverein Werstener Jonges möchte, dass die Verwaltung prüft, welcher Standort in Frage kommen kann. „Ich glaube, dass wir alle nochmal wiederkommen“, sagt Monneris.

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