Wersten Ein Werstener Jong seit 85 Jahren

Wersten · Wolfgang Mevenkamp ist zwar in Köln geboren, aber das ist für ihn nur ein kleiner Schönheitsfehler.

 Das Haus für die Krippe hat der Werstener Wolfgang Mevenkamp selbst gebaut. Darauf ist er ziemlich stolz.

Das Haus für die Krippe hat der Werstener Wolfgang Mevenkamp selbst gebaut. Darauf ist er ziemlich stolz.

Foto: Olaf Staschik

Nein, 'ne Kölsche Jong ist Wolfgang Mevenkamp nicht. Das steht zwar als Geburtsort in seinem Ausweis, aber er ist mit Leib und Seele 'ne echte Werstener Jong. "Ich bin Kölle verloren jejange", sagt er in herrlich-rheinischem Dialekt. Hier in Wersten schlägt sein Herz, hier lebt er seit 85 Jahren - zunächst an der Liebfrauenstraße und dann an der Burscheider Straße.

"Die Nachbarn achten morgens drauf, ob die Rollläden offen sind", lobt der alte Herr. Wolfgang Mevenkamp kennt jede Ecke, jeden Weg, jedes Haus - Wersten ist für ihn ein Dorf. Es ist sein Stadtteil, in dem er lange Jahre einen eigenen Dachdeckerbetrieb hatte, in dem er mit seiner Frau zwei Töchter großzog und in dem er nach seinem Unfall beruflich eine neue Zukunft fand. 15 Jahre war er Küster bei St. Maria Rosenkranz. Gerne arbeitete er in diesem Beruf und bewies seine handwerklichen Fähigkeiten. "Am liebsten pack' ich richtig an", sagt der Dachdeckermeister.

In Wersten gründete er mit zwölf Gleichgesinnten die erste Kolpingfamilie. Einst eine katholische Gemeinschaft für wandernde Handwerksgesellen und Arbeiter, heute ein Netzwerk für alle Katholiken. 14 Jahre lang war er dort Vorsitzender. "Drei Jubiläen habe ich mitgefeiert", freut sich der alte Herr heute noch. Natürlich war er auch bei den St. Sebastianern aktiv: In der Gesellschaft Reserve war er Fahnenschwenker. Nach wie vor begeistert sich der heute 93-Jährige, wenn es um echtes Handwerk geht. Das Haus für die Krippe habe er selbst gebaut, und das Haus, in dem er wohnt, habe er "mit gebaut", meint er stolz. Seinerzeit koordinierte Mevenkamp die Bauarbeiten, und der Architekt wollte ihn von der Stelle weg als Bauleiter engagieren. Doch das war schon zu Zeiten , als er Küster von St. Maria Rosenkranz war. Und seiner Kirche blieb er treu.

Dass Wolfgang Mevenkamp auf Hausdächern balancieren würde, war sozusagen gar nicht geplant, denn in seinem ersten Beruf war er Maschinenschlosser. Doch wie das Leben so spielt: Er heiratete in einen Dachdeckerbetrieb ein. "Was blieb mir anderes übrig", meint er heute verschmitzt. Bereut hat er diese berufliche Entscheidung nie, im Gegenteil.

Es war ein Sturz aus drei Meter Höhe, der dieser beruflichen Passion ein Ende setzte. "Damals machte ich dann die dreiwöchige Ausbildung zum Küster", erinnert sich Wolfgang Mevenkamp.

Nun richtete der Werstener sein Interesse auf das neue Pfarrheim. "Da will ich meinen 95. Geburtstag feiern", richtet er lachend seinen Wunsch an Pfarrer Heidkamp, der gestern zu den Gratulanten gehörte. Denn gestern war erst einmal der 93. angesagt. "Wer kommt, der kommt", sagt Wolfgang Mevenkamp schmunzelnd mit Blick auf seine Gäste. Derweil sitzt er gemütlich gegenüber seiner Krippe und seinem kleinen Weihnachtsbaum, unter dem ein Bild seiner verstorbenen Frau steht. "Mein Vater schmückt den Baum immer selbst", erzählt Tochter Petra. So wie sich der 93-Jährige täglich selbst etwas Gutes kocht. "Das hat mein Vater gelernt, als meine Mutter an Parkinson erkrankte. Sie hat ihm damals jeden Handgriff erklärt", sagt Petra Mevenkamp.

Die Einschränkungen des Alters bewältigt Wolfgang Mevenkmap mit Humor. "Hüften und das Knie - alles Ersatzteile", meint er launig. Dass er sich am ersten Weihnachtstag "en Blötsch" am Kopf holte, als er in der Wohnung hinfiel, war wohl ein Schreck, aber es bringt ihn nicht aus der Fassung. Wolfgang Mevenkamp ist froh darüber, dass seit drei Jahren seine Tochter Petra wieder in unmittelbarer Nähe wohnt - und dass er in seinem geliebten Stadtteil, "seinem" Haus, direkt neben St. Maria Rosenkranz leben kann.

(RP)
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