Urdenbach Vorm Aussterben bewahrt

Urdenbach · Auf Haus Bürgel züchtet Familie Reuter eine fast ausgestorbene Rasse: das Rheinisch-Deutsche Kaltblut. Zu besonderen Anlässen können die ehemaligen Arbeitstiere als Kutschpferde gemietet werden.

Acht Kaltblutpferde leben auf Haus Bürgel in der Urdenbacher Kämpe. Sie sind schwer und kräftig, haben dichte Mähnen und große Hufe. Vor allem in der Landwirtschaft waren ihre Vorfahren noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts als Zug- und Arbeitstiere unerlässlich; sie zogen den Pflug übers Feld, Baumstämme aus dem Wald und in den Weltkriegen auch Waffen an die Front. Was kaum jemand weiß: Die Rasse ist vom Aussterben bedroht und steht heute auf der Roten Liste der gefährdeten einheimischen Nutztierrassen in Deutschland.

Familie Reuter hat Anfang der 70er Jahre mit der Zucht des Rheinisch-Deutschen Kaltblutes begonnen. Das war zu einer Zeit, als die Motorisierung im Land so weit fortgeschritten war, dass es für die Arbeitstiere keine Verwendung mehr gab. "Niemand wollte sie mehr haben", erzählt Pächterin Katrin Reuter. Von den mehr als 22 000 Hengsten und Stuten, die 1950 für die Zucht eingetragen waren, gab es ein Vierteljahrhundert später nur noch knapp 25 Tiere. "Mein Schwiegervater hat beim Metzger dann einen Stutenstamm gekauft. Mit Papieren." Diese dienen als Ausweis für die Pferde und weisen deren Abstammung nach.

Else war schon beim CHIO

Der jüngste Kaltblut-Nachfahre der Reuters ist Eberhard von Bürgel. Der Hengst ist neun Monate alt und der Sohn von Tora von Bürgel. Die Rotschimmelstute ist als zuchttauglich staatsprämiert, und auch Eberhards Vater kann sich sehen lassen: Er ist Deckhengst auf dem nordrhein-westfälischen Landgestüt Warendorf, der Einrichtung zur Förderung der heimischen Pferdezucht.

Die Stute Else von Bürgel stellten die Reuters im vergangenen Jahr sogar auf dem Weltfest des Pferdesports, dem CHIO (Concours Hippique International Officiel) in Aachen, als eine der besten rheinischen Zuchtstuten vor. Zwei Fohlen werden in Haus Bürgel diesen Sommer noch erwartet, dann soll für die nächsten fünf bis sechs Jahre erst einmal Schluss sein. "Es ist eine reine Hobbyzucht", erklärt Katrin Reuter. "Leben können wir davon nicht, also müssen wir jetzt erst mit dem Rest fertig werden, bevor wir neue Fohlen ziehen."

Um das Gestüt und die eigenen vier Kinder zu unterhalten, arbeitet ihr Mann Herbert (50) außerdem als Schreiner im Kölner Dom. Aber auch die Kaltblüter stehen nicht einfach nur herum. Im Sommer und zu Festen wie Erntedank und Karneval werden sie für Planwagenfahrten gemietet. In der Scheune der Reuters stehen auch zwei restaurierte Kutschen des Typs Landauer aus den 20er Jahren — echte Raritäten. Eine davon in dunkelgrün und eine in weiß für Hochzeiten.

Der Zuchtbetrieb erfordert von den Reuters einige Einschränkungen. "Wir können nie gemeinsam in Urlaub fahren", sagt Katrin Reuter, fügt aber schnell hinzu: "Ich möchte dennoch nichts anderes mehr machen."

(emy)
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