Nach Brand am Halloween Urdenbacher Familie feiert den Jahreswechsel in provisorischer Wohnung

Düsseldorf · Weil ein Nachbarsjunge mit Feuerwerk ihre Wohnung in Brand steckte, stand Familie Sprenglewski aus Urdenbach noch Anfang November vor dem Nichts. Viele halfen damals. Wie geht es der Familie heute?

 Familie Sprenglewski in ihrer provisorischen Wohnung, wo die Eltern für die Kinder einen kleinen Baum aufgestellt haben.

Familie Sprenglewski in ihrer provisorischen Wohnung, wo die Eltern für die Kinder einen kleinen Baum aufgestellt haben.

Foto: Andreas Enderrmann

Agate Sprenglewski ist froh, wenn Silvester vorbei ist. Vor dem letzten Tag des Jahres fürchtet sie sich ein wenig, wegen des Feuerwerks. Zwei Monate wird es dann genau her sein, dass ein Nachbarsjunge an Halloween Raketen auf ihren Balkon an der Haus-Endt-Straße warf. Die Mutter von drei Kindern war am 31. Oktober allein zuhause. Die Raketen schossen durch die Fenster ins Wohnzimmer. Die 33-Jährige merkte zunächst nichts, sie war in einem anderen Zimmer und bügelte. Erst als sie den Qualm roch und die Möbel im Wohnzimmer Feuer gefangen hatten, flüchtete sie aus dem Haus.

"Gut, dass meine Kinder zu dem Zeitpunkt bei ihren Großeltern waren. Und gut, das mein Mann Pawel unterwegs war", sagt sie. Noch immer träume sie von dem Brand. In ihrer Phantasie passiere dann auch Schlimmeres. So aber blieben das Ehepaar und die Kinder Maximilian (8), Jan (5) und Sophie (2) unverletzt. Jedenfalls gibt es keine äußerlichen Wunden.

Aber die Sprenglewskis haben fast alles verloren und dabei Glück im Unglück gehabt, denn schon wenige Tage nach dem Brand hat ihnen ihr Vermieter unweit ihres alten Domizils eine kleine Wohnung zur Verfügung gestellt. Doch zu Hause fühlen sie sich dort nicht.

Gerade in besinnlichen Zeit fehlte ihnen ihr Heim. "Wir sind nur untergebracht", sagt Pawel Sprenglewski, und seine Frau Agate nickt. So bleiben die von Pawel in Nachtschicht weiß gestrichen Wände leer. "Es lohnt sich nicht, etwas an die Wand zu hängen", sagt er, außerdem seien die Bilder und Fotos verbrannt oder verrußt, fügt seine Frau hinzu.

Die Wohnung sei wirklich nur eine Übergangslösung, sagt Sprenglewski, "aber ich will nicht undankbar klingen." Im Gegenteil, erklärt seine Frau, sie seien unendlich dankbar für die große Unterstützung, die ihnen entgegengebracht wurde.

Die Familie lebt zwischen Spenden und Provisorien

Nach einem Aufruf in der Rheinischen Post spendeten viele Leser Möbel und Kleidungsstücke. So steht im Wohnzimmer eine große Ledercouch, Betten gibt es inzwischen für alle und einen großen Esstisch für sechs Personen. Aber in diesem Jahr, das bedauert Agate Sprenglewski sehr, musste sie auf das Plätzchenbacken mit den Kindern verzichten. Denn es gibt in der kleinen, provisorischen Küche keinen Backofen.

Geschirr und Besteck fehlen ebenfalls — wie so vieles. Eine neue Küche hat Sprenglewski bereits bestellt. "Es ist die gleiche Küche, die wir vor neun Monaten schon mal gekauft haben", sagt er. Nun kommt sie noch mal für ihre richtige Wohnung, die immer noch nicht renoviert ist.

Die Sprenglewskis hoffen auf einen ruhigen Jahreswechsel

Zwar hofft die Familie, dass sie im Februar dort wieder einziehen kann, aber so ganz traut sie den Versprechungen ihres Vermieters nicht. Dort, wo die Böller einschlugen, ist ein Gerüst an der Gartenseite der Haus-Endt-Straße aufgestellt. Der schwarz verrußte Balkon ist weiß gestrichen. Aber die Balkontüre und die Fenster sind immer noch mit Sperrholzplatten und Pappmaché verbarrikadiert.

Schon Tage vor Weihnachten hätte sich gar nichts mehr, getan sagt Sprenglewski frustriert, der die jetzige, wesentlich kleinere Wohnung als Notunterkunft sieht. Es lohnt sich in seinen Augen einfach nicht, es sich dort heimelig zu machen.

Weihnachten waren sie bei Sprenglewskis Eltern, die ganz in der Nähe wohnen. Dort haben sie in polnischer Tradition gefeiert. Es gab Piroggen mit Sauerkraut; in eine der Maultaschen versteckte Mutter Ewa Sprenglewski - wie immer - eine polierte Münze. Das soll Glück bringen. Angeblich. "Ich hatte vergangenes Jahr die Pirogge mit der Münze und hab' richtig draufgebissen", sagt Pawel Sprenglewski. "Ich hatte dieses Jahr kein Glück."

Jetzt hoffen die Sprenglewskis, den Jahreswechsel ruhig zu überstehen, ohne Raketen. Doch das Trauma bleibt bei Agate Sprenglewski. Nein, erklärt sie, von dem elfjährigen Nachbarsjungen, der die Böller auf den Balkon geworfen hat, habe sie nie etwas gehört. Es gab auch keine Entschuldigung — weder von ihm, noch von den Eltern.

Ihr sei nur zu Ohren gekommen, dass die Familie wohl nicht versichert sei. Demzufolge könnte es für die Familie keine Entschädigung geben. Agate Sprenglewski zuckt mit den Achseln. "Was will man machen", sagt sie. Ihr Mann streichelt ihr über die Schulter. Auch er weiß nicht genau, wie es weitergeht.

Von der Polizei habe er auch nichts mehr gehört. Doch das sei alles nicht mehr so wichtig. Wichtig ist, dass die Familie zusammenhält. "Und wir sind so dankbar, dass uns so viele Menschen geholfen haben", sagt er. Dann fügt er leise hinzu: "Nächstes Jahr kann nur besser werden."

(RP)
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