Die Lüderitzstraße in Urdenbach Der Wegbereiter der Kolonien

Urdenbach · Adolf Lüderitz war einer der ersten Deutschen, die Geschäfte in Afrika machten und nicht selten dabei die Menschen vor Ort betrogen. Die Nationalsozialisten machten aus ihm ein Vorbild und einen Helden.

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Strassennamen
LŸderitzstrasse
Luederitzstrasse
Foto: Andreas Bretz

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Foto: Bretz, Andreas (abr)

Eine der größten Straßen im Urdenbacher Kolonialistenviertel trägt den Namen Lüderitzstraße. 1937 wurde sie vom NS-Regime nach Franz Adolf Eduard von Lüderitz benannt, einem Kaufmann, der mit seinem wirtschaftlichen Streben den Grundstein für die deutsche Kolonialgeschichte in Afrika legte.

Lüderitz war der 1834 geborene Sohn eines Bremer Kaufmanns, der zunächst in Mexiko tätig war, bevor er das väterliche Geschäft übernahm. Auf der Suche nach Bodenschätzen erwarb er ab 1883 Gebiete im heutigen Namibia, die den Kern der späteren Kolonie Deutsch-Südwestafrika bildeten. Dabei schloss er dubiose Kaufverträge mit lokalen Machthabern ab, die er jedoch übervorteilte. Bekannt ist der sogenannte Meilenschwindel, bei dem Lüderitz dem Nama-Führer Joseph Fredericks 20 geographische Meilen (je 7,5 Kilometer) Küstenstreifen abkaufte, wohl wissend, dass Fredericks in englischen Meilen (1,6 Kilometer) rechnete. Im Anschluss weigerte sich der Kaufmann, den Vertrag rückgängig zu machen und legte so den Grundstein seiner Vision eines „deutschen Großreichs in Afrika“.

Um seine Besitzungen vor dem Zugriff anderer Kolonialmächte zu schützen, bat der Kaufmann 1884 die deutsche Regierung erfolgreich um militärischen Schutz; mit der offiziellen Inbesitznahme erhielt das Kaiserreich seine erste Kolonie in Afrika. In der Folge sicherte sich Lüderitz die Kontrolle über weitere Landstriche und Minen. 1886 brach er zu einer Expedition auf, von der er nicht zurückkehrte. Seine genauen Todesumstände sind noch immer unbekannt, was Lüderitz den Status einer Heldenfigur im Nationalsozialismus einbrachte. Sein Lebenswerk, das die Bedeutung der Kaufleute in der Kolonialgeschichte symbolisierte, wurde aufgearbeitet und verbreitet. In einem Zeitungsbeitrag hieß es: „Es gibt Naturen, die nur geschaffen scheinen, um auf stürmischem Meere zu fahren; Sie umwittert ein Hauch von Abenteuer. Zu ihnen gehörte Lüderitz.“

Zugleich wird die Figur Lüderitz wegen der Unterdrückung und Übervorteilung der einheimischen Bevölkerung kritisch gesehen, sodass Experten zu der Ansicht gekommen sind, dass eine Straßenbenennung nach ihm in heutiger Zeit nicht angemessen ist. Für die Urdenbacher Lüderitzstraße wird daher, wie auch für viele andere Straßen im Viertel, ein neuer Name gesucht.

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