Monheim/Urdenbacher Kämpe Freiwillige pflegen Weiden in der Kämpe

Monheim · Mit den Ästen werden Tipis oder ein Insektenhotel gebaut. Wer wollte, konnte jetzt in der Aue mithelfen.

 Biologe Norbert Tenten (hinten) hilft Meret (l.) und Marina beim Abschneiden von Weidenästen. Mit diesen sollen ein Tipi oder ein Tunnel gebaut werden. 

Biologe Norbert Tenten (hinten) hilft Meret (l.) und Marina beim Abschneiden von Weidenästen. Mit diesen sollen ein Tipi oder ein Tunnel gebaut werden. 

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Nebel und Niesel liegen über der Urdenbacher Kämpe und die Wege sind schlammig. Trotzdem steht am Samstag eine bunt gemischte Gruppe unverdrossen zwischen zahlreichen Kopfweiden in den Bürgeler Wiesen. Weidenschnitt ist angesagt, seit Jahrzehnten Kultur und Tradition der Biologischen Station Haus Bürgel. Dick eingemummelt steht Hendrik fest auf dem struppigen Untergrund und schwingt ein Gartengerät, das fast so groß ist wie er selbst. „Das ist eine Astschere“, erklärt der Vierjährige fachmännisch. Er hievt sie hoch, setzt sie an und der erste Zweig fällt. „Das schaff’ ich nicht“, ächzt der Kleine beim zweiten Versuch. Der Papa hilft. „Damit flechten wir ein Tipi in der Kita“, erzählt der Junge.

Seine Mutter Nicole wartet derweil mit ihrer kleinen Tochter Johanna auf die „Forstfachleute“ und meint: „Das ist die beste Art, mit der Familie den Samstag zu verbringen.“ Biologe Norbert Trenten begleitet die Aktion. Beim ersten Blick auf die Weidenkolonie bekommt er einen kleinen Schreck. „Gestern waren Ehrenamtliche hier, die haben zu viel geschnitten“, sagt er. Es reiche gerade noch. „Mehr Leute als Bäume, das ist nicht so toll“, fügt er lachend hinzu. Die kleineren Korbweiden – so Trenten – werden einmal im Jahr geschnitten, deshalb wachsen sie nicht über 1,20 Meter hinaus. Ihre knorrigen Geschwister bekommen den Schnitt im Abstand von sechs bis acht Jahren, deshalb werden sie zwei bis 2,50 Meter groß.

Waren es früher Korbflechter, die das Material schätzten, freuen sich heute Schulen, Kitas und Gartenfreunde über die biegsamen Zweige als Baustoff. „Immer mehr Leute bauen sich einen lebenden Zaun“, erklärt Norbert Trenten. Anders als Zäune aus Plastik oder abgeholzten Brettern sei dieser CO2-neutral und assimiliere Kohlenstoffdioxyd. „Außerdem ist er durch regelmäßigen Schnitt quasi unsterblich.“ Ein Klettergerüst aus imprägniertem Holz sei rund acht Jahre haltbar, Bauwerke aus Weidenzweigen überdauerten 20 Jahre. Insekten- und bienenfreundlich sind sie ohnehin, bieten doch ihre Blüten, die Weidenkätzchen, den Bienen die erste Nahrung im Frühling. Soviel zum Thema Nachhaltigkeit.

Rund eine Stunde dauert die Weidenaktion in der Urdenbacher Kämpe. Hendriks Vater schultert ein dickes Bündel und sein Sohn stapft freudig hinterher. Auch Marina und Meret aus Urdenbach tragen ihre Ausbeute mit Norbert Trentens Hilfe auf den bereitgestellten Wagen. „Wir wollen im Garten vom Gemeindehaus ein Tipi oder einen Tunnel bauen. Ein Insektenhotel haben wir schon“, erklärt die elfjährige Meret. Tatjana Pfitzer, Mitarbeiterin der evangelischen Kirchengemeinde Urdenbach und Begleiterin der beiden, begeistert sich für die Symbolkraft des Materials: „Es eignet sich anschaulich für viele Themen der christlichen Verkündigung. Zum Beispiel für den Gedanken der Schöpfung oder die Geschichte der Vertreibung aus der Heimat. Da bauen wir aus den Zweigen ein Haus.“

 Biologe Norbert Tenten (hi.) hilft Meret (l.) und Marina beim Abschneiden von Weidenästen. 

Biologe Norbert Tenten (hi.) hilft Meret (l.) und Marina beim Abschneiden von Weidenästen. 

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

In der Urdenbacher Kämpe wird es am Samstag nicht hell. Mit Fantasie sehen die Weiden – niesel- und nebelumhüllt – etwas spukig aus. Der Aberglaube schrieb dem Baum einst keine positive Rolle zu. Doch das macht er als markanter Blickfang mit seiner Heilkraft und als Spender von Baumaterial wett.

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