Geschichte der Familie Barthelmess Erinnerung an vier Generationen Kunst

Urdenbach · Claus-Andreas Barthelmess lebt auf dem historischen Potze-Hof in Urdenbach. Der 83-Jährige ist Künstler wie schon sein Urgroßvater. Die Familiengeschichte hat Barthelmess jetzt in einem Buch zusammengefasst.

 Claus-Andreas Barthelmess auf seinem Hof in Urdenbach. Die Plastik im Vordergrund ist eine Reproduktion einer Arbeit seines Vaters.

Claus-Andreas Barthelmess auf seinem Hof in Urdenbach. Die Plastik im Vordergrund ist eine Reproduktion einer Arbeit seines Vaters.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Auf dem Einband des kleinen Buches prangt das Foto einer fünfköpfigen Familie: der Vater mit krausem Haar, die Mutter, über ihn gebeugt, die Hand auf der Schulter des jüngsten Sohnes, zwei ältere Geschwister, die stolz in die Kamera lächeln. Der jüngste Spross der Familie auf dem Foto blickt heute liebevoll auf die gedruckte Erinnerung. Claus-Andreas Barthelmess ist inzwischen 83 Jahre alt. „Da war doch noch was? – Ein Rückblick auf die Geschichte der Düsseldorfer Künstlerfamilie Barthelmess“ lautet der Titel des Buches, dass der Urdenbacher jetzt geschrieben hat.

Seit fast 50 Jahren wohnt der Künstler Claus-Andreas Barthelmess, der sich häufig als Cl-An abkürzt, auf dem historischen Potzehof in Urdenbach. Im Hof stehen Plastiken von Vater und Sohn Barthelmess, innen hängen die Wände voller Bilder, von historischen Porträts bis zu Werken des Bauhaus’. Auch hier stammen viele der Arbeiten aus der Familie – denn die Kunst bestimmt das Leben der Familie Barthelmess, seit sich der Kupferstecher Nikolaus Georg Rudolf zur Mitte des 19. Jahrhunderts am Rhein niederließ.

Bereits mehrfach wurde dessen Urenkel Claus-Andreas Barthelmess aufgefordert, seine Familiengeschichte niederzuschreiben. „Lange habe ich mich dagegen gewehrt“, sagt der 83-jährige Künstler heute. Er habe sich nie als Schriftsteller gesehen. Dann jedoch stieß er auf im Keller gelagerte Dokumente und Arbeiten seines verstorbenen Vaters – und die Recherche begann. „Sehr zum Leidwesen meiner Frau“, sagt Barthelmess im Nachhinein mit einem Schmunzeln. Ein halbes Jahr sei er kaum abkömmlich gewesen, habe sogar Arzttermine vergessen, weil er sich so sehr in die 300-jährige Geschichte seiner Familie vertieft habe. „Ich will die Geschichten, die ich ausgegraben und selbst erlebt habe, weitergeben, damit die Geschichte bewahrt wird“, so Barthelmess.

Zum einen sind da die künstlerischen Arbeiten seiner Vorfahren, die er beschreibt. Aber da ist auch der Einsatz seines Vaters für die Düsseldorfer Kunstszene. Nikolaus Rudolph Barthelmess war von den Nazis zum entarteten Künstler erklärt worden. „Das hatte für uns im Rückblick viel Gutes“, so der Sohn heute. Zum einen wurde Nikolaus Rudolph nicht an die Front beordert – zu groß war die Angst vor Wehrkraftzersetzung durch liberal denkende Künstler – zum anderen galt er nach Kriegsende als unbescholten und konnte seine Arbeit frei entfalten – etwa durch die Gründung der Niederrheinischen Töpferschule, des Benrather Kulturkreises zur Rettung der Orangerie und des Freundeskreises des Hetjens-Museums, um selbigem die Eigenständigkeit zu bewahren.

Der Künstler beschreibt seine Familiengeschichte immer vor dem Hintergrund der damaligen Zeit. Eindringlich schildert er Erinnerungen aus seiner Kindheit und Jugend. „Gegen Ende des Weltkriegs wurde der Nussbaum auf unserem Hof von einer Granate getroffen, die deutsche Soldaten aus dem Bergischen abgefeuert hatten“, erinnert sich Barthelmess. Und er weiß eine rührende Geschichte zu erzählen, wie ein amerikanischer Soldat ihm und seinen Freunden mit einem Zaubertrick die Angst vor den Besatzungstruppen genommen hatte.

Barthelmess berichtet, dass er während der Recherche immer wieder nachts aufgewacht sei, weil ihm Erlebnisse eingefallen sind, die er seit 30 Jahren vergessen geglaubt hatte. „Die jüngere Generation verliert immer mehr das Wissen um die Lebensumstände ihrer Eltern und Großeltern“, bemerkt Barthelmess.

Und das Projekt ist noch nicht abgeschlossen: „Ich könnte mir vorstellen, einen zweiten Band herauszubringen, Dokumente sind noch genug da“, so der Künstler. Dann, so kündigt er an, wolle er auch auf seine eigene Lebensgeschichte und das Wirken als Künstler eingehen – im Düsseldorfer Süden kennt man vor allem den „Rheinschauer“, die Skulptur „Lebensalter“ in Niederheidt und die Fassadengestaltung des Paulsmühler Bunkers. Und auch als Kulturförderer ist Claus-Andreas Barthelmess in die Fußstapfen seines Vaters getreten und hat sich unter anderem für das Hetjens-Museum und den Benrather Kulturkreis engagiert. Geschichten zu erzählen hat der 83-Jährige in jedem Fall genug.

Weitere Infos zum Künstler und dem Buch gibt es unter www.cl-an.de

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