Menschen in Düsseldorf Ganz viele Neuanfänge

Unterbilk · Kerri Cummings sucht immer neue Herausforderungen. Weil sie sich nicht mit Dingen zufriedengibt, die sie nicht glücklich machen.

 Kerri Cummings ist Psychologin. Als sie nach Deutschland kam, hatte sie erstmal einen ganz anderen Weg eingeschlagen.

Kerri Cummings ist Psychologin. Als sie nach Deutschland kam, hatte sie erstmal einen ganz anderen Weg eingeschlagen.

Foto: nika

Das ist die Geschichte einer Frau, die mutig war, die mutig ist. Die sich nicht zufriedengegeben hat mit Dingen, die sie nicht glücklich machen. Die auf ihre Eltern gehört hat, so wie man das macht, wenn man jung ist, und die gemerkt hat, dass sie ihren eigenen Weg gehen muss, um zufrieden zu sein und anzukommen. Vielleicht ist das eine Geschichte, die es in ähnlicher Form schon viele Male gegeben hat und vielleicht wird es sie so oder ähnlich immer wieder geben. Und doch ist die Geschichte besonders. Weil sie irgendwie auch einzigartig ist. Die Geschichte erzählt von Kerri Cummings’ Leben, das irgendwie immer gut war, aber nicht perfekt. Die 47-Jährige hat immer wieder von vorne angefangen, auch wenn sie es nicht gemusst hätte. Aber so ist das eben mit dem Glück, das man sucht, das man findet oder meint, es gefunden zu haben. Aber von Anfang.

Kerri Cummings ist in den USA aufgewachsen, in Maryland. Eigentlich wollte sie Musik studieren, fing auch damit an. Doch ihre Eltern fanden, sie sollte etwas Anständiges machen. Für Politikwissenschaften und Germanistik schrieb sie sich dann ein, „vielleicht war ich zu naiv damals, dachte, ich könnte auch ohne Musikstudium richtig Musik machen“, sagt Cummings. Heute ist Musik Hobby, Cummings spielt Gitarre. Mit 20 kam Kerri Cummings nach Deutschland, für ein Auslandssemester in Heidelberg. Als sie wieder zurück in den USA war, lief für die junge Studentin einiges aus dem Ruder. „Meine Eltern sagten mir, dass sie sich trennen“, erzählt Cummings. Sie war kein Kind mehr, trotzdem war das ein riesen Schock für sie. „Ich beschloss, zurück nach Deutschland zu gehen“, wo sie weiter studierte – Business, so wie es ihr Vater wollte. Sie zog nach Frankfurt für ihren ersten Job, kam dann nach Düsseldorf, „wo ich Olaf Göttgens kennenlernte“. Der spätere Gründer der Management-Beratung „BBDO Consulting“ wurde ihr Mentor, „er hat mich mitgenommen zu BBDO, auch wenn er kontrovers war“, sagt Cummings. Ihm hat sie viel zu verdanken, hat viel Geld verdient in ihren Mittzwanzigern. Irgendwann kam der Augenblick, mit 28 oder 29, da wusste sie: „Wenn ich noch eine Power-Point-Präsentation halten muss, werde ich irre.“

Kerri Cummings kündigte, schrieb sich wieder in der Uni ein und studierte Psychologie. „Viele haben mich für verrückt erklärt“, sagt sie. Nebenbei eröffnete die Amerikanerin ein kleines Übersetzerbüro, arbeitete für die Metro und die Wirtschaftswoche. „Das habe ich gemacht, um zu leben, aber es war nicht das, was ich wollte.“ Cummings heiratete, bekam mit 30 das erste Kind, „mitten im Studium“. Das zweite kam zwei Jahre später. Mitten im Studium. „Ich bin ein Meister im Zeitmanagement“, sagt Cummings, die aber zugeben muss, dass es auch anstrengende Momente gab. Sie machte den Bachelor und den Master, arbeitete danach in einer Klinik für Psychotraumatologie in Krefeld. Das reichte Cummings aber nicht, die schließlich eine eigene Praxis eröffnete – die Mindbar im Medienhafen.

Drei Kinder hat Cummings inzwischen – zwei Söhne (9 und 13 Jahre) und eine Tochter (15), sie ist geschieden und hat immer noch Zeit für Herausforderungen, für Neues im Leben. Im Augenblick sitzt Cummings an ihrer Doktorarbeit, die sie – so hat sie es sich vorgenommen – mit 50 fertig hat. Ein Projekt, das sie nebenbei macht, mit dem sie vor zwei Jahren angefangen hat. Und weil Kerri Cummings Tage noch nicht wild genug sind – „jeder Tag ist anders bei mir, ungeplant, manchmal unvorhersehbar“ –, hat sie sich gerade auch noch einer Mutprobe gestellt. Beim Speaker Slam in München. „Ich halte zwar oft Vorträge, aber dieser Contest war eine echte Challenge für mich“, sagt die 47-Jährige. „Weil ich mich oft zu schlecht verkaufe.“ Dazu der Druck, die Kameras, die Jury. Qualifiziert für das Finale hat sich Cummings beim sogenannten Silent Speaker Slam. Vier Leute halten gleichzeitig eine Rede, das Publikum hört über Kopfhörer zu, kann von Redner zu Redner wechseln. „260 Menschen saßen im Publikum, die mich alle beurteilt haben“, sagt Cummings nicht ganz ohne Stolz, weil sie den Mut hatte, sich auf die Bühne zu stellen.

Über Achtsamkeit hat Kerri Cummings gesprochen, „dass wir uns oft selbst im Weg stehen“. 60.000 Gedanken hat jeder Mensch am Tag, 85 Prozent davon sind negativ. Und obwohl jeder Tag ein neuer ist, sind 95 Prozent der Gedanken vom Vortag. Mit ihrer Rede zog die Düsseldorferin ins Finale ein, gewonnen hat jemand anders. Aber das ist nicht schlimm für Cummings, die – obwohl sie richtig richtig nervös war, es immer wieder tun würde. „Weil ich mich überwunden habe, das war ein schöner Übungsplatz für meinen Beruf.“

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