Unterbilk Die Tüftler

Unterbilk · In einer kleinen Werkstatt in Unterbilk stattet Marcus Meyer Autos mit allerlei Technik aus. Sogar Feuerwehr, Polizei, Oberbürgermeister und die Russen sollen zu seinen Kunden gehört haben.

Schmal ist die Durchfahrt in den Hinterhof, der an der Martinstraße auf der Unterbilker Seite liegt. Ein paar Autos stehen dort, vor verschlossenen Garagentoren, durch eine Milchglas-Tür am Ende des Hofs schimmert Licht, leise ist das Radio zu hören. Marcus Meyer ist der Herr der Werkstatt, in der er sich gerade um einen Audi kümmert. Meyer wechselt keine Reifen, er füllt auch nicht Öl nach, Tüv und Abgasuntersuchungen müssen seine Kunden anderswo machen. Marcus Meyer ist ein Experte, wenn es um mobile Technik geht, um Nachrüstungen am Auto wie Rückfahrkamera oder Navi.

Vor 35 Jahren eröffnete die Werkstatt, damals unter dem Namen Neumann und Partner. Nach seiner Ausbildung Ende der 80er half der heute 45-Jährige in dem Unternehmen aus, 2004 schließlich übernahm er den Betrieb und taufte ihn um in M+M Mobiltechnik. 14 Mitarbeiter hat es zu Hochzeiten gegeben, heute sind Marcus Meyer, ein Kollege und Papa Manfred (76) übrig, der selbst gelernter Maschinenbauer und technikaffin ist, der sich aber lange gewehrt hat gegen ein Smartphone. Schwerer ist es geworden für die besondere Autowerkstatt, spannend aber immer geblieben.

Noch gut erinnert sich Meyer an die Zeiten, als die ersten Autotelefone auf den Markt kamen. In einer Vitrine hat er besondere Exemplare ausgestellt, "21.000 DM hat ein solches Telefon damals samt Einbau gekostet", sagt Meyer, der sich das Lachen nicht verkneifen kann, wenn wieder jemand über zu hohe Smartphone-Preise schimpft. In einer Schublade hat er sogar noch alte Rechnungen aufgehoben, ein Run auf die Koffer-Telefone hat es damals gegeben, als der Münchner Oberinspektor Stephan Derrick und Kollege Harry Klein einen solchen Apparat in der Serie benutzten. Anfang der 90er dann, als eine SMS 99 Pfennig kostete und die Minute 3,40 DM, da konzentrierte sich der Betrieb auf Handys. Ersatzteile hat Meyer heute noch - Gehäuse, Tastaturen, Antennen.

Weil die Technik aber längst veraltet ist, heute keiner mehr so viel Geld für ein 20 Kilo schweres Telefon ausgeben will, hat Meyer sich und sein Geschäft weiterentwickelt. Anhängerkupplungen bringt er nachträglich an Fahrzeugen an und codiert sie auch selber, "da trauen sich viele nicht ran, weil die Elektrik ein Problem ist, sie so eingestellt werden muss, dass das Auto samt Anhänger zum Beispiel den Bremsweg einkalkuliert".

Alarmanlagen sind für den Unterbilker aktuell ein wichtiges Thema, "Werksanlagen sind ruckzuck ausgehebelt", sagt er. Zusätzlich stattet Meyer die Autos mit einem GPS-System aus, damit sie nach einem Diebstahl geortet werden können. Eine Zeit lang hat er sogar mit Polizei und Feuerwehr eng zusammengearbeitet, Blaulicht installiert, zusätzliche Halterungen in den Türen für die Maschinenpistolen eingebaut. Platz hatte Meyer in seiner Werkstatt nur für die kleinen Fahrzeuge, die Lkw hat er in den Wachen Hüttenstraße oder Flughafen umgerüstet. Das Geschäft sei rückläufig, "heute werden die Fahrzeuge ab Werk so bestellt", sagt er.

Oberbürgermeister Joachim Erwin zählte zu seinen Kunden - ein Fax und ein Autotelefon hat er sich in seinen Dienstwagen einbauen lassen. Das ist bald 15 Jahre her. Trotzdem zeigt Marcus Meyer noch heute stolz einen gerahmten Zeitungsartikel von Erwin, für den der OB in seinem Auto mit Telefon abgelichtet wurde. Immer wieder kommen Politikgrößen zu ihm, Namen darf Meyer nicht nennen. Dafür erzählt er von einem kuriosen Auftrag: Fünf voll gepanzerte, schwere Daimler-Fahrzeuge hat er mit allerlei zusätzlicher Technik ausgerüstet, "die Autos kamen vom ehemaligen Bundesgrenzschutz und sollten nach Russland", erzählt Meyer, der bei den Arbeiten von einem stillen aber ernst guckenden Russen beobachtet worden sein soll. In Bert Wollersheims Limousine hat er Lichter und einen Kühlschrank eingebaut - "dann ist der Champus immer kalt", sagt Papa Manfred und lacht. Vier Monate saß Meyer mal an einem Hummer, zwölf Monitore wollte der Besitzer haben, einen automatisch ausfahrbaren iPod und jede Menge Schnickschnack. Ganz schön tüfteln musste Meyer dafür, "25.000 Euro hat dann alles gekostet", erzählt Meyer. Es gibt eigentlich nichts, was Marcus Meyer nicht besser machen kann in einem Auto, nur einmal musste er passen: als ein Start-up aus Köln in weniger als einem Monat bei über 200 Fahrzeugen kleine Fernseher in die Kopfstützen eingebaut haben wollte. "Am Ende ist das Unternehmen gar nicht gestartet", erinnert sich der 45-Jährige.

(RP)
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