Schützenfest Unterbach Erinnerung an ein „Feierbiest“

Unterbach · Im Vorjahr wurde Ludwig Diering beim Unterbacher Schützenfest für seine 60-jährige Mitgliedschaft im Verein geehrt, kurz darauf verstarb er. Diering war ein Paradebeispiel dafür, wie der Schützenverein ein Leben bereichern kann.

Machten im vergangenen Jahr die 100 Jahre Mitgliedschaft zusammen voll: Ludwig und Andreas Diering

Machten im vergangenen Jahr die 100 Jahre Mitgliedschaft zusammen voll: Ludwig und Andreas Diering

Foto: Marc Ingel

Ludwig Diering hat das Schützenfest in Unterbach im vergangenen Jahr genossen. Er wurde dabei von seiner Schützenbruderschaft St. Hubertus auf Händen getragen, war er doch genau 60 Jahre lang Mitglied im Verein. Kurz darauf verstarb Diering nach einem Unfall, das am Freitag beginnende Schützenfest im Dorf muss ohne das Ehrenmitglied auskommen.

Die Vorfreude auf das große Heimatfest zu wecken, in dem man an einen Toten erinnert, mag an dieser Stelle zunächst merkwürdig wirken, ist aber aus folgenden Gründen geradezu zwingend erforderlich. Erstens: Sterben müssen wir ohnehin alle, und sind es nicht gerade die Schützen, die ihre Verstorbenen in besonderem Gedenken bewahren? Zweitens: Das Leben von Ludwig Diering war geprägt durch den Schützenverein, er lebte in ihm auf, übernahm gerne Aufgaben, war zudem im Winterbrauchtum aktiv, „ihm war einfach nichts zu viel“, sagte der Ehrenvorsitzende Herbert Bruckmann in seiner Beerdigungsansprache. Wer Schütze ist, kennt wahrscheinlich mehrere solcher Menschen. Wer mit dem Brauchtum nichts am Hut hat, fragt sich aber stets, was denn daran so faszinierend sein soll. Ludwig Diering ist die personifizierte Antwort. Daher ist dieser Beitrag genau richtig an dieser Stelle. Um zu verdeutlichen, dass der Schützenverein das Leben bereichern kann, er bei manchem gar zum Lebensinhalt wird.

Die RP hatte im Vorfeld des letzten Schützenfestes in Unterbach eine Vater-Sohn-Geschichte zu den Dierings gebracht – Ludwig war zu diesem Zeitpunkt die bereits angesprochenen 60 Jahre Mitglied, sein Sohn Andreas 40, macht zusammen 100. Das gibt es nicht allzu häufig. „Weil das Füreinander, die Gemeinschaft bei uns großgeschrieben werden. Und weil die Familie eine ganz wichtige Rolle spielt. Frauen und Kinder sind bei fast allen Gelegenheiten dabei“, hat Ludwig Diering damals Gründe aufgezählt, warum er dem Verein sechs Jahrzehnte lang die Treue gehalten hat. Und: „Trotz meines Alters fühle ich mich noch voll akzeptiert, keiner wird bei uns in Unterbach zurückgelassen“, hatte er hinzugefügt.

Diering wuchs in unmittelbarer Nähe des heutigen Schützenplatzes auf, als 15-Jähriger trat er den Hubertus-Schützen bei, übernahm die Funktion des Schriftführers bei den Jungschützen, wurde zwei Jahre später Jungschützenprinz. Bei den Senioren war er Fahnenoffizier, wurde 1975 zum Geschäftsführer gewählt, übernahm zusätzlich die Aufgabe des Platzwarts und organisierte die Kirmes, war stellvertretender Bezirksbundesmeister und ab 1998 2. Vorsitzender bei den Hubertus-Schützen. Im Verlauf seiner Schützen-Karriere wurde er mit Auszeichnungen überhäuft. Dreimal war der Konditormeister Schützenkönig in Unterbach, durfte sich daher sogar Kaiser nennen lassen.

Diering war auch Karnevalsprinz – und Gastronom, denn er eröffnete 1969 das Stadtcafé Erkrath. Und was an dieser Stelle nicht vergessen werden darf: Ludwig Diering feierte gerne, war ein wilder Tänzer, „ein richtiges Feierbiest“, wie Bruckmann zu berichten weiß. Zu vorgerückter Stunde griff er zum Mikro und schmetterte mit Vorliebe das Heimatlied „Oh du mein Unterbach“. Das machte er dann sogar überregional bekannt: 2002 beim Bundesfest in Paderborn hat er während einer Pause des Festzuges dieses Lied angestimmt. Und die Leute haben nachher sogar den Refrain mitgesungen.

Den Unterbachern wird es schwer fallen, auf Ludwig Diering zu verzichten. Aber es wäre in seinem Sinne, wenn trotzdem auch in diesem Jahr wieder ausgelassen gefeiert wird im Dorf.

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