Heinrich-Heine-Allee Die Entdeckung eines Schatzes mitten in Düsseldorf

Stadtmitte · An einem Haus auf der Heinrich-Heine-Allee haben Bauarbeiter eine originale Jugendstil-Fassade freigelegt. Die soll nach dem Willen des Eigentümers nun restauriert werden. Ein Glücksfall, aber auch ein Einzelfall?

 Sieht unspektakulär aus, wird aber sehr hübsch. Das Haus an der Heinrich-Heine-Allee und die Fassade hinter der Fassade.

Sieht unspektakulär aus, wird aber sehr hübsch. Das Haus an der Heinrich-Heine-Allee und die Fassade hinter der Fassade.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Laien können leicht dem Irrtum verfallen, dass der Umbau eines Hauses zu den langweiligsten Aufgaben eines Architekten gehört. Da ein Raum, hier eine Mauer und irgendwo noch ein Loch, damit ein bisschen mehr Licht in die Räume fällt, dann schmiert man noch ein bisschen Putz auf die Wände, erneuert die Technik und fertig ist die Kiste.

Und oft ist es ja auch nicht viel anders, doch bei dem Haus an der Heinrich-Heine-Allee war es eben nicht so. Spätestens als das von den Eigentümern beauftragte Düsseldorfer Architekturbüro Dubbick Hiersig beim Bauamt die Akten zu dem Haus einsah, wusste man, hier könnte etwas sein, etwas Besonderes, etwas, das man mit Recht als kleinen Schatz bezeichnen kann. In der Akte fanden sich Rundbögen, Gewölbe, Gesimse, alles war üppig und elegant, eben so ganz anders als das, was dort stand, ein nüchterner Zweckbau, der "mit seinem hässlichen Eiscafé-Charakter der 80er Jahre" bestach.

So beschreibt es zumindest Bauleiter Reiner Arnolds. Schnell reifte der Entschluss, die alte Fassade wieder sichtbar zu machen, sie einzubinden in das neue Gebäude, und auch wenn es wegen der Kosten durchaus Bedenken gegen diese "Rivitalisierung" des Jugendstils gab, konnten die Eigentümer von der Idee begeistert werden. Es sind Privatleute, Düsseldorfer, das mag den Ausschlag gegeben haben.

Arnolds ließ zuerst ein paar Platten der Vorhangfassade, die wohl in den 50er Jahren vor die eigentliche Fassade aus Sandstein gesetzt wurden war, entfernen, um den Zustand beurteilen zu können. Und siehe, er war gut, nicht ideal, aber gut genug, um das Vorhaben in Angriff zu nehmen. Blumen aus Stein, Ornamente und nicht zu vergessen die Signatur des eigentlichen Erbauers Peter Jakob Stübben fanden Arnolds und seine Männer. Ein Schatz eben, zumindest aus architektonischer Sicht.

Sie fanden auch die Überreste zweier Steinpfeiler, die irgendwann in den 70er Jahren weggeschlagen worden waren, um ein schnödes Rolltor einzubauen. "Jeder, der ein Gefühl für Architektur hat, weiß, wie man sich dabei fühlt." Auch die sollen nun rekonstruiert werden, massiv, aus dem gleichen Sandstein wie der Rest des Fassade, vor Ort geschliffen und wieder eingesetzt.

Die Revitalisierung wird allerdings nicht das komplette Gebäude betreffen. In den oberen Geschossen ist kein Stück Jugendstil zurückgeblieben, die Gesimse wurden wohl zuletzt abgeschlagen, um die aktuelle Fassade möglichst nah an die ursprüngliche Sandstein-Fassade heranzusetzen, außerdem ist das Haus wohl durch einen Bombentreffer im Krieg schwer angeschlagen gewesen; einige der Obergeschosse sind einfach zerstört worden und man hat sie in der Nachkriegszeit mit deutlich bescheideneren Mitteln wieder aufgebaut.

Ein Umstand, den auch das Denkmalamt bedauert. Das hat den Umbau bereits genehmigt, mit der Ergänzung, die vorhandenen Jugendstilelemente zu erhalten. Hier beurteilt man die Entdeckung der Fassade als "Glücksfall", wie es der stellvertretende Amtsleiter Karl-Heinz Schrödl sagt. Ob hinter anderen Fassaden auf der Heine-Allee noch ähnlich schöne Schätze warten, kann Schrödl aber nicht sagen.

Es ist allerdings nicht unwahrscheinlich. Es gab nämlich einige Zeiten, in denen die Fassaden der Gründerzeit nicht so geschätzt waren wie heute. Und das begann eigentlich schon mit dem Aufkommen des Bauhaus in den 20-er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Um den Häusern klare Linien zu geben, wurden Ornamente, Stuck oder Ähnliches damals schon reihenweise abgeschlagen.

Auch in der Nachkriegszeit wollte man modern sein, zudem war selten genug Geld und Material vorhanden, um die alten Fassaden wieder instand zu setzen. Richtig wild wurde es aber erst nach dem Wirtschaftswunder, als reihenweise die Altbauten zerstört wurden. Erst in den 80-er Jahren änderte sich langsam die Wahrnehmung. Manche Häuser wurden gar besetzt, um sie zu erhalten.

(RP)
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