Garath Solarsiedlung bleibt ein Vorzeigemodell

Garath · Eine Verdichtung kommt nicht in Frage. "Ich bin strikt dagegen, dass wir weitere Flächen zubauen", erklärte Klaus Mauersberger. Damit widersprach der Bezirksvorsteher vehement einer von vielen Ideen, die am Mittwochabend in der Freizeitstätte Garath zur Sprache kamen. Es ging um das Wohl und Wehe eines Stadtteils, mit dem sich die einen – nämlich diejenigen, die dort wohnen – stark identifizieren und den andere – jene, die von außen kommen – allzu schnell mit typischen Vorurteilen bedienen. Der Grund: Sie lassen sich nicht tief genug auf die Geschichte und die Menschen in Garath ein.

 Vorbildlich und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet: die Solarsiedlung in Garath – initiiert und gebaut von der Rheinwohnungsbau.

Vorbildlich und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet: die Solarsiedlung in Garath – initiiert und gebaut von der Rheinwohnungsbau.

Foto: göttert

Mit einem virtuellen Rundgang, dem Film "Garath, ein Modell von gestern und morgen" startete die Veranstaltung des Bundes deutscher Architekten (BdA), und etwas mehr als 100 äußerst diskussionsfreudige Gäste saßen im Plenum. Eins wurde gleich zu Beginn klar: Das filmische Portrait erhitzte manche Gemüter. Es zeigte öde Hochhäuser, einsame Kinder, die in einer kahlen Tiefgarage skaten, trostlose Übergänge vom S-Bahnhof im schummrigen Abendlicht und eine typische Fortuna-Fankneipe. Nur kurz blitzte das neue Garath, die 2012 fertig gestellte Solarsiedlung auf. "Garath ist schön, ich lebe gerne hier", ärgerte sich prompt ein Zuschauer über den Film und traf damit die Gefühlslage vieler Anwesender. Dass es trotzdem Defizite gibt, bestritt niemand. "Ich lebe seit 1966 hier und fühle mich sehr wohl, aber dass immer mehr Geschäfte schließen, ist sehr traurig", bekannte eine ältere Dame. Dieses Problem beschäftigt den Garather Bezirksvorsteher nicht erst seit heute, und er erinnerte an viele Vorstöße bis hin zu kleinen Marktständen. "Wir brauchen eine funktionierende Werbegemeinschaft!" lautete sein Fazit und: "Wir Politiker können nur unterstützen, die Händler müssen mitmachen."

Die starke demografische Veränderung kam immer wieder zur Sprache. Dort wo einst junge Familien lebten, überwiegen jetzt die älteren Jahrgänge. Dass zwei Kirchen ihren Dienst einstellten, und die reichhaltige Düsseldorfer Kulturszene eher fern ist, bewegte Fachleute des BdA ebenso wie gestandene Garather. Volker Kleinekort, Architekt und Hochschullehrer, sah trotz des Einbrechens der Geschäfte in den Garather Zentren Potenziale in ihrer individuellen Entwicklung: "In einem Quartier könnten zum Beispiel Kreative und Start Ups eine guten Platz finden." Auch "Verdichtung" sei kein Schreckgespenst, wenn zum Beispiel bestehende Gebäude vergrößert oder angepasst würden. Dass – so ein Fachkollege – wäre ein Lösungsansatz für veränderte Lebensformen und könnte dem Wohnbedürfnis von Senioren und Singles entgegen kommen.

Eine weiteres Problem kam aus dem Plenum: der zunehmende Verkauf einzelner Wohnungen an private Eigentümer oder ganzer Häuser an Investoren im Ausland, die keinen Bezug zum Stadtteil und ihren Mietern haben. Beispiel: Hassels-Nord. "Wir können niemanden zur Renovierung zwingen," erklärte der Politiker Mauersberger, "wir können bei Problemen nur öffentlichen Druck machen."

Deutlich wurde immer wieder, dass nichts von oben erzwungen werden kann, sondern es ein Zusammenspiel vieler Kräfte bedarf, um Veränderungen zu schaffen. Anregungen dazu gab es einige, dazu ein gelungenes Vorzeige-Zukunftsprojekt: die Solarsiedlung, die viele überzeugte. Wie es weitergehen mag? "Mir ist klar geworden, dass es aus dem Engagement der Bürger kommen muss. Meckern hilft nicht", erklärte Sabine Kopka. Dass der Kölner Moderator Jörg Beste Garath mit Chorweiler verwechselt, quittierten die Anwesenden mit Lachen.

(bgw)
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