Stadtteil-Serie: Reisholz Mit der Industrie gut leben

Der Stadtteil im Süden Düsseldorfs macht am meisten durch Firmen, Produktion und Einkaufszentren von sich reden. Dabei lässt es sich dort auch gut wohnen. Die Nachbarschaft ist intakt, die Kultur kommt nicht zu kurz.

 Wie viele Reisholzer geht Stephanie Ott mit ihren Kindern David (4) und Charlotte (2) an der Henkelstraße einkaufen. Sie gilt als das Zentrum des Stadtteils, der trotz der Industrie auch fürs Wohnen beliebt ist.

Wie viele Reisholzer geht Stephanie Ott mit ihren Kindern David (4) und Charlotte (2) an der Henkelstraße einkaufen. Sie gilt als das Zentrum des Stadtteils, der trotz der Industrie auch fürs Wohnen beliebt ist.

Foto: Goettert, Christoph

Reisholz wird als Stadtteil gern unterschätzt. Im Gegensatz zu den weiter südlich gelegenen Vororten im Düsseldorfer Süden wie Hellerhof, Garath, Urdenbach und Benrath, die eher als Wohn-Stadtteile wahrgenommen werden, verfügt Reisholz über den herben, aber nicht reizlosen Charme eines industriell geprägten Stadtteils. Reisholz gehörte bis zur Eingemeindung nach Düsseldorf im Jahr 1929 zu Benrath. Benrath zehrt bis heute vom Nimbus der "reichen Braut", die gegen ihren Willen nach Düsseldorf kommen musste. Allerdings wurde die Mitgift der Braut weniger im feinen Benrath selbst erarbeitet, sondern vielmehr im industriellen Reisholz, wo die Menschen die Ärmel aufkrempelten.

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Foto: Grafik, Jenny Möllmann

"Reisholz hat sich in den vergangenen Jahren bestens entwickelt", sagt Heinrich Eichwald, geborener Reisholzer und als Geschäftsführer des Reisholzer Bürger- und Heimatvereins auch überzeugter Reisholzer. "Die hier einst ansässigen Großindustrieanlagen sind zugunsten neuer Branchen und auch kleinerer Betriebe verschwunden, wir verfügen über gute Wohnlagen und beste Einkaufsmöglichkeiten", bringt Eichwald die Vorzüge "seines" Stadtteils auf den Punkt.

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Foto: Grafik

Die Geschichte von Reisholz ist untrennbar mit der Gründung der Industrie-Terrains Düsseldorf-Reisholz AG (IDR) im Jahr 1898 verbunden. Zu dem damals wegweisenden Konzept integrativ geplanter Industrieansiedlungen gehörte nicht nur die Ausweisung weitläufiger Flächen für die damals boomende Großindustrie, sondern auch das Herrichten der nötigen Infrastruktur. So initiierte die IDR auch die Anlage eines Rheinhafens an der Reisholzer Werftstraße — allerdings auf Holthausener Gebiet — sowie die Errichtung eines Güterbahnhofs.

Das Industrieansiedlungskonzept der IDR ging auf. Zahlreiche Betriebe aus den Bereichen Maschinenbau, Papierherstellung, Chemie oder Holzhandel wählten ihren Standort auf Reisholzer Gebiet. Allerdings ist der Wandel von großindustrieller Fertigung zu kleineren Gewerbeeinheiten für Handwerk und Handel heute unverkennbar und steht dem Stadtteil gut zu Gesicht.

Im Osten wird Reisholz durch die Bahnlinie von Hassels getrennt, im Westen vom Henkel-Werksgelände begrenzt. 1999 hat das Holthausener Chemie-Unternehmen den westlichen Teil der Henkelstraße zwischen Niederheider Straße und Bonnerstraße in das eigene Werksgelände integriert und damit einen traditionellen Verbindungsweg zwischen Holthausen und Reisholz gekappt. "Die damit vollzogene Trennung hat nicht nur Holthausen geschadet, auch unsere Geschäfte entlang der Henkelstraße hatten Einbußen zu erleiden", sagt Eichwald.

Jedoch kann Reisholz heute mit Superlativen entlang einer gewerblichen Schlagader von Norden nach Süden quer durch den Stadtteil aufwarten. Angefangen vom Möbelhaus Ikea an der Oerschbachstraße — nach einem rund 40 Millionen Euro teuren Umbau die größte Möbel-Präsentation aller 301 Ikea-Häuser weltweit — über das Traditionsunternehmen Zamek bis hin zum Edeka-Frischecenter an der Kappelerstraße, mit dem der Familie Zurheide der Spagat zwischen günstigem Lebensmittelkauf und veritablem Gourmettempel gelungen ist. Edeka Zurheide kann auf zahlreiche Auszeichnungen der Lebensmittelbranche verweisen. Für den täglichen Bedarf kauft der Reisholzer jedoch an der Henkelstraße, wo man den Nachbarn trifft, wo Bäcker, Discounter und türkischer Lebensmitteleinzelhandel nebeneinander existieren können.

Auch das Wohnen ist in Reisholz attraktiver geworden. Die ehemaligen Werkswohnungen von Henkel und Mannesmann entlang der Eichelstraße sind komplett saniert, von der Tristesse vergangener Zeiten ist nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil, üppiger Fußball-WM-Fahnenschmuck quer über die Straße von Haus zu Haus gezogen, zeugt von einem gutnachbarlichen Mulikulti-Miteinander. Beste Wohnlagen, darunter mit großzügigen Einfamilienhäusern, gibt es in der westlichen Buchenstraße und auch in der Aschaffenburger Straße. "Seitdem wir es geschafft haben, den Lastwagenverkehr von der Kappelerstraße fernzuhalten, hat auch die Wohnqualität dort gewonnen" erklärt Eichwald. Er schätzt auch die Angebote im Stadtteil. Er geht gerne in das Bürgerhaus (Kappelerstraße 231) mit seinem vielfältigen Kulturprogramm, oder macht einen Spaziergang zum Park am Paulinenplatz.

Neben Industrie- und Stadtteil-Kultur spielt auch der Sport eine große Rolle in Reisholz. Der SFD '75 Düsseldorf ist mit rund 3300 Mitgliedern der größte Sportverein der Stadt und verfügt mit der Sport- und Freizeitanlage samt Schwimmbad über eine der aufwändigsten Vereinssportstätten in Düsseldorf. Im Burgwächter-Castello fanden nicht nur die Basketballspiele der Giants und die Handballspiele der HSG, sondern auch aufsehenerregende Boxkämpfe statt.

Alles in allem ist Heinrich Eichwald mit "seinem" Stadtteil sehr zufrieden und muss lange überlegen, was er täte, wenn er einen Wunsch frei hätte. "Ich würde die Bordsteine entlang der Kappelerstraße absenken, um mehr Parkraum zu erhalten", fällt dem gebürtigen Reisholz-Fan dann doch noch ein bescheidener Wunsch ein.

(RP)
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