Altstadt "Radler benehmen sich wie Freibeuter"

Altstadt · Der Leiter der Polizeiinspektion Nord, Hans-Joachim Kensbock-Rieso, beklagt die Missachtung der Verkehrsregeln.

Ein alter Bekannter kam in die Bezirksvertretung 1, um den alljährlichen Bericht zur Sicherheitslage im Bezirk abzugeben: Hans-Joachim Kensbock-Rieso war sieben Jahre lang Leiter der Polizeiinspektion Mitte, seit drei Jahren steht er der Polizeiinspektion Nord vor. Gleich für beide Inspektionen trug er nun den aktuellen Sachstand vor, wie es um die Unfallentwicklung im Stadtbezirk bestellt ist. Und das sieht in Sachen Verkehrsunfälle ganz gut aus, denn die haben im Bezirk wie auch in ganz Düsseldorf eine leicht rückläufige Entwicklung.

Bei den Unfällen mit Personenschaden ist allerdings die Tendenz leicht steigend, mit 485 in 2010 auf 521 im vergangenen Jahr im Bezirk 1, was Kensbock-Rieso allerdings als "noch hinnehmbare Zahl" bezeichnete.

Alljährlich bedrückend, nicht nur für die Ordnungskräfte, ist die Zahl der bei Unfällen getöteten Menschen: In ganz Düsseldorf waren es 2012 immerhin 13 Personen, die im Straßenverkehr zu Tode kamen. Davon entfielen zwei auf den Stadtbezirk 1: jeweils einer in Carlstadt und Pempelfort. Dabei hat sich die Art dieser tödlichen Unfälle gewandelt. "In Düsseldorf stirbt man nicht mehr im Auto, sondern davor", so Kensbock-Rieso. Soll heißen: Früher betrafen Unfälle mit Todesfolge vor allem Menschen im Pkw. Das ist durch die gesteigerten Sicherheitseinrichtungen im Fahrzeug (Airbag) zwar anders geworden. Stattdessen kommt eine neue Risiko-Variante hinzu: "Das Verhalten sowohl von Radfahrern als auch von Fußgängern im Bezirk ist besorgniserregend leichtsinnig geworden", so Kensbock-Rieso. "Die bewegen sich auf der Straße, ohne nach rechts und links zu gucken. Und das hat dann fatale Folgen, denn gegenüber den Autos ziehen sie immer den Kürzeren." Wobei Kensbock-Rieso vor allem mit Kritik an den Düsseldorfer Radfahrern nicht spart: "Die bewegen sich zum Teil wie Freibeuter in der Stadt. Rot interessiert sie nicht. Und sie fahren auf Gehwegen und gegen die Fahrtrichtung." Dazu passt, dass die Zahl der Radfahrunfälle im Stadtbezirk von 129 in 2010 auf 174 in 2012 gestiegen sind. Kensbock-Rieso: "Und in 60 Prozent dieser Fälle waren die Radler auch die Verursacher."

Ab Mai will die Polizei innerhalb des "Jahres des Radfahrers" zwar einerseits auf diese (neben den Fußgängern) zweite relativ schutzlose Gruppe im Straßenverkehr hinweisen. Aber man will die Kampagne auch nutzen, um gegen Auswüchse im Verhalten von Radfahrern vorzugehen.

In Sachen Unfallfluchten erreicht die Polizei inzwischen eine Aufklärungsquote von 80 Prozent. 2010 gab es 1130 Fälle, vergangenes Jahr waren es 1314. "Das ist aber immer noch eine zu hohe Zahl", so Kensbock-Rieso. Während die Kinderunfälle stadtweit zurückgehen, kommt es in jüngster Zeit immer öfter zu Unfällen mit Senioren. Diese stiegen im Stadtbezirk 1 von 187 in 2010 auf 215 im vergangenen Jahr. Kensbock-Rieso: "Und das wird angesichts des demografischen Wandels noch weiter ansteigen. Wir müssen da noch einiges leisten, um das Bewusstsein der älteren Verkehrsteilnehmer weiter zu schärfen."

Nach seinem Vortrag schloss sich in der Bezirksvertretung 1 eine Diskussion zum Thema "Elterntaxi", also dem Abhol- und Bringeverkehr vor Schulen und Kindergärten, an. Jörk Cardeneo von den Grünen wies daraufhin, dass es dadurch beispielsweise an der Rolandschule immer wieder zu gefährlichen Situationen komme. Die Polizei hat nach Kensbock-Riesos Angaben dort bereits mehrere Gespräche mit Eltern geführt. "Aber die argumentieren damit, dass sie ja gerade Unfälle für ihre Kinder verhindern wollen und merken gar nicht, dass sie oft selbst das Problem sind."

(ch)
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