Meine Einkaufsstraße in Düsseldorf Die zwei Gesichter der Nordstraße

Pempelfort · Diesmal war unser Reporter in Pempelfort, wo kleine Läden und große Ketten nur wenige Meter entfernt liegen

 Eine andere Welt: Nur eine Station liegt die Nordstraße von der Innenstadt entfernt.

Eine andere Welt: Nur eine Station liegt die Nordstraße von der Innenstadt entfernt.

Foto: Tim Kronner

Jutebeutel statt Versace-Tasche. So lässt sich der kleine Kultur-Schock beschreiben, der nur eine Haltestelle nördlich der Heinrich-Heine-Allee wartet. Wer an der Nordstraße die U-Bahn verlässt, lässt damit auch die Designer- und Marken-Läden der Innenstadt hinter sich. Statt Hugo Boss, Hermès und Starbucks säumen hier in Pempelfort kleine Buchhandlungen, Sportgeschäfte, Restaurants und Bars die Gehwege. Doch auch die großen Namen sind nicht weit. Denn die Nordstraße hat zwei Gesichter.

Schönes Spazieren sieht anders aus. Die Straßenbahnen rattern zwischen den Häusern entlang, aus den schrägen Betonkübeln wuchern die Pflanzen mehr als sie wachsen. Wer nach rechts und links in die Schaufenster blickt, wird den unordentlichen ersten Eindruck aber schnell wieder ablegen. Denn wer von der Kaiserstraße aus in die Nordstraße geht, entdeckt dort Geschäfte, von denen manche nicht einmal wissen, dass es so etwas überhaupt noch gibt: Nähbedarf, Uhrenwerkstatt, Textilpflege und ein Trödelladen. In Pempelfort wird offenbar noch repariert anstatt neu gekauft. Gut möglich, dass die Kunden die selben sind, die auf das Sanitätshaus und den Hörgeräteakustiker angewiesen sind. Fakt ist: Die Schaufenster eines ehemaligen Designer-Ladens sind leer. Dort hängen jetzt orangefarbene Zettel mit Werbung für eine Plattenbörse.

„Hier sind die Anwohner noch ortsverbunden und prägen das Viertel mit“, sagt Dori Thein vom Stoffgeschäft Dori & Ellen 2.0. Ihr Laden liegt in einem Hinterhof, dort verkauft sie seit sieben Jahren bunte Stoffe. Ursprünglich kommt sie aus Ratingen. Ein bisschen „Dorfcharakter“ habe sie auf dem südlichen Teil der Nordstraße wiedergefunden. „Hier geht man noch ins Café nebenan anstatt zum Backwerk“, sagt die 36-Jährige. „Außerdem gibt es eine süße Künstlergemeinde.“

Die kennt auch Detlef Dehe, der seit mehr als 40 Jahren sein Geschäft Nordstr. Flohmarkt betreibt. Doch die inhabergeführten Läden werden weniger, erzählt Dehe. „Ich habe mein Geschäft auch nur noch, weil es mein Hobby ist und mir das Haus gehört“, sagt der 76-Jährige. Die Mieten seien in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen. An vielen Stellen würden sich Ketten ansiedeln. Damit meint er vor allem den nördlichen Teil der Nordstraße.

Denn dort, wo der Verkehr immer lauter wird, zeigt die Nordstraße ihr zweites Gesicht. Aus „Oh, wie heißt denn dieses Café?“ und „Was ist das denn für ein Laden?“ wird „Da ist ein Subway. Da der Gerry Weber. Und hier Douglas“. Die Grenze besteht aus der Duisburger beziehungsweise der Venloer Straße. Die Verkehrsachse trennt die kleinen Läden von den großen Geschäften, deren Namen jeder kennt.

Drei Männer in Anzügen und eine Frau in einem Mantel kommen vorbei. Unter dem Mantel ist ein rotes Kleid zu sehen. Sie unterhalten sich auf Englisch und verschwinden in einer der vielen Service-Stationen der Telefon-, TV- und Internet-Anbieter. Aber nicht nur Handy-Junkies werden auf der „Nord-Nord-Straße“ fündig. Hier gibt es wirklich alles: Bäckereien, Supermärkte, Dessous- und Modeläden, Restaurants, Einrichtungsgeschäfte, Bücherläden – natürlich alles bekannte Ketten – und auch der Optiker aus dem Fernsehen fehlt nicht. Die Läden sind im Vergleich zum südlichen Teil zwar moderner geworden, das gilt aber nicht für das Drum und Dran. Eine vermüllte Bank ist die einzige Sitzmöglichkeit, abgesehen von den kalten Metallsitzen an einer der Straßenbahn-Haltestellen.

Wer hier noch etwas Besonderes entdecken will, muss in die Nischen schauen. Eine ist die Schwerinstraße. In der Fass-Bar gibt es diverse Öle, Spirituosen und Essige zu kaufen. Andere Spezialitäten bietet schräg gegenüber Die Kaffee, eine Privatrösterei. Dort setzt gerade Michaela Weitzel ihren Fahrradhelm ab. „Hier gibt es 30 verschieden Sorten“, weiß sie als Stammkundin, die immer wieder etwas Neues ausprobiert. „Für mich machen solche Läden den Charme der Straße aus“, sagt Weitzel, packt 500 Gramm frische Kaffeebohnen in die Tasche und schwingt sich wieder auf ihr Fahrrad. An der Tchibo-Filiale radelt sie vorbei, ohne einen Blick zur Seite zu werfen.

Für Michaela Weitzel ist klar, welches Gesicht der Nordstraße sich zum Einkaufen besser eignet. Klar ist ihr aber auch, dass viele Menschen das ganz anders sehen werden. Denn es ist völlig in Ordnung, dass die Nordstraße zwei Gesichter hat. Für die Menschen dort bleibt nur zu hoffen, dass das noch lange so bleibt. Ob sie nun mit Jutebeutel oder Designer-Tasche unterwegs sind.

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