Lesung Die Spuren des Zweiten Weltkriegs

Pempelfort · Dagmar Gutheil hat das Buch „... dass man wünschte, es wäre alles vorbei...“ geschrieben. Darin dokumentiert sie die Schicksale von Menschen in Pempelfort. Am Mittwoch liest sie daraus vor.

 Dagmar Gutheil hat sich auch mit den Schicksalen der Zwangsarbeiter auseinandergesetzt und mit deren Hinterbliebenen gesprochen.

Dagmar Gutheil hat sich auch mit den Schicksalen der Zwangsarbeiter auseinandergesetzt und mit deren Hinterbliebenen gesprochen.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Begonnen hat alles vor knapp einem Jahrzehnt als Recherche zur Hausgeschichte der Volkshochschule, die auf dem Gelände der ehemaligen Franklinschule steht. Entstanden ist daraus eine Dokumentation der Spuren des Zweiten Weltkriegs in Pempelfort, damals noch Teil von Derendorf, Golzheim und dem heute aufgelösten Hofgartenviertel. Dagmar Gutheil, ehemalige Lehrerin für Geschichte und Politik an der VHS, recherchierte mit Schülern und Anwohnern zu einem angeblichen Lager für Ostarbeiter auf dem Schulgelände.

Dieses Lager hat es nie gegeben, doch Gutheil hat im Laufe der Recherche so viele Dokumente gefunden, dass sie weiter forschte. „Als Nachkriegskind und Geschichtslehrerin hat mich das Thema gleichzeitig fasziniert und betroffen gemacht“, sagt sie. Nicht nur die 27 Luftangriffe auf Pempelfort zwischen 1940 und 1945 hat Gutheil dokumentiert, sondern auch menschliche Schicksale. In ihrem neuen Buch „... dass man wünschte, es wäre alles vorbei ...“, herausgegeben vom Stadtarchiv, erzählt sie von Anwohnern, Deportierten und von den Bombennächten, die die Pempelforter in ihren Kellern verbrachten.

Ein Großteil der Ausländer im Viertel waren Zwangsarbeiter: Kriegsgefangene, italienische Militärinternierte, dienstverpflichtete Zivilisten und Insassen aus Straf- und Konzentrationslagern aus acht Nationen. Sie arbeiteten in Großbetrieben der Rüstungsindustrie, in Fabriken, Krankenhäusern, in der Landwirtschaft, auf den zahlreichen Baustellen. „Ich habe besonders zur Situation der Westarbeiter geforscht, also der Franzosen, Belgier und Niederländer“, sagt Gutheil. Das Schicksal dieser Menschen sei bisher wenig aufgearbeitet.

Ein Ereignis hat ihre Aufmerksamkeit besonders erregt. 1945 waren große Teile von Düsseldorf zerstört; am 23. Januar flogen die Alliierten einen letzten Angriff auf Pempelfort. Um 11.30 Uhr traf der Luftschlag auch das Gebäude der Franklinschule. 135 Zivilisten starben, als der Schutzkeller unter der Schule von den Explosionen getroffen wurde. Unter den Opfern waren Anwohner der umliegenden Straßen, Lehrer, Kinder sowie Zwangsarbeiter, die auf dem Gelände beschäftigt waren. „Eigentlich durften die Ausländer nicht in die Schutzkeller. Aber man brauchte ihre Arbeitskraft“, sagt Gutheil. In ihrem Buch schreibt sie: „Der Luftschutzbunker wurde der Ort ihres ungewollten gemeinsamen Sterbens.“ Am selben Tag starben weitere 15 Zwangsarbeiter bei der Bergung der Leichen, als die Ruine zusammenbrach.

Nach dem Krieg kehrten die überlebenden Ausländer in ihre Heimat zurück. „In Düsseldorf blieben Hunderte verstorbener Zwangsarbeiter auf den Friedhöfen zurück“, schreibt Gutheil. Sie hat die Gräber besucht und die Hinterbliebenen im Ausland. „Die Nachkommen der Zwangsarbeiter sind froh, dass man sich von deutscher Seite endlich dieses Themas annimmt“, sagt sie. Auch wenn der Weltkrieg vorbei sei, habe er die Denkweise der Welt geprägt. „Wir müssen die Vergangenheit kennen und aus ihr für die Zukunft lernen“, sagt Gutheil, die mit ihrem Buch dazu beitragen will, „die unter der Rasenfläche begrabenen Zwangsarbeiter aus ihrer Namenslosigkeit zu befreien“.

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