Düsseldorf Betreuung 2.0 im Quartier Central

Düsseldorf · Ein Düsseldorfer Finanzberater will die Kita-Branche aufmischen. Mit App-Überwachung, veganen Mahlzeiten und Großtagespflege statt Kindergarten. In Pempelfort startet nun bereits die fünfte "Wekita".

 Die neue Gruppe der "Wekita" im Quartier Central kommt gut an. Besonders Bären lassen sich hier gerne in Laufwagen herumfahren.

Die neue Gruppe der "Wekita" im Quartier Central kommt gut an. Besonders Bären lassen sich hier gerne in Laufwagen herumfahren.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Wie ein kleines Rudel tummeln sich die ein- bis dreijährigen Kinder in dem Raum, der wie ein großer Laufstall wirkt. Die erste "Wekita" (angelehnt an englisch "We" und an "Kita") im Quartier Central eröffnete 2014, jetzt ist die Großtagespflege um eine weitere Gruppe in neuen Räumen gewachsen. In der Marc-Chagall-Straße will "Wekita" einen neuen Standard in der Kleinkindbetreuung setzen: mehr Mitbestimmung für die Eltern, eine transparentere Betreuung und kleinere Gruppen.

Laut Tim Brückmann, der die fünf "Wekitas" in Düsseldorf leitet, gibt es zwei Fragen, die Erzieher am Ende eines jeden Tages von den Eltern gestellt bekommen: Hat mein Kind genug gegessen? Wie lange hat es Mittagsschlaf gemacht? Eine App ermögliche es, jederzeit einsehen zu können, was das Kind in welchen Mengen gegessen hat, sagt Brückmann - Kinderbetreuung 2.0, sozusagen. "Wir wissen, wie es bei einigen Tagesmüttern läuft. Da gibt es dreimal die Woche eine umgekippte Aluschale mit Spaghetti Bolognese", sagt Brückmann. Den Wochenplan einer jeden "Wekita" hingegen stelle ein Ernährungsberater zusammen, die Eltern könnten aber Einfluss nehmen. Falls ein Kind beispielsweise keine Milchprodukte verträgt, wird diese Information durch eine Software in den Plan integriert. Auch den Wunsch nach veganen Mahlzeiten können die Eltern äußern. Die App zeigt den Eltern dann prozentual, wie viel das eigene Kind von den vier Mahlzeiten gegessen hat, auch sein Schlafverhalten wird von den Erzieherinnen vermerkt. Das Programm ist aber nicht nur ein Essensplan, sondern ein "Informationsportal für gesunde Ernährung", sagt Brückmann.

Als Großtagespflege sind die "Wekitas" an die gesetzlichen Vorschriften gebunden: "In jeder Gruppe ab sechs Kindern gibt es eine pädagogische Fachkraft." Diese dürfe durch Tagesmütter unterstützt werden, Gruppen unter sechs Kindern dürfen auch "nur" von einer Tagesmutter betreut werden, die keine ausgebildete Erzieherin oder diplomierte Pädagogin ist, aber durch einen abgeschlossenen Kurs ihre Berufsqualifikation nachweisen kann. Die selbstständigen Tagesmütter der "Wekitas" arbeiten auf Honorarbasis, die Kosten teilen sich Eltern und Jugendamt. "Die Eltern zahlen bei uns genau denselben Beitrag, den sie auch in einer staatlichen Kita zahlen müssten", sagt Brückmann, zwischen null und 425 Euro. Für das Betreuungskonzept, die Ernährung und Innenarchitektur kaufte Brückmann - von Haus aus Finanzberater - Experten ein, die Grundidee für die "Wekitas" kam ihm, als er einer Tagesmutter bei finanziellen Fragen aushalf.

Speziell ist nicht nur die Betreuungsart, sondern auch die Ausstattung der einzelnen Standorte. Vom Sitzmöbel bis zum Lätzchen werde für die "Wekitas" laut Brückmann alles nachhaltig in Deutschland produziert und fair gehandelt - das dürfte die Kinder aber sicher weniger interessieren als die umweltbewussten Eltern. Die freue die überschaubare Gruppengröße, denn mehr als neun Kinder auf zwei Erzieher sind in der Großtagespflege nicht erlaubt. "Das schafft eine familiäre Atmosphäre, die Kinder lernen ihre Betreuer richtig kennen", sagt Gabi Guse, die als Tagesmutter die neue Gruppe betreut. "Trotzdem werden sie durch die Gruppen schon auf den späteren Alltag im Kindergarten vorbereitet." Zwei Gruppen gab es bereits in der Marc-Chagall-Straße, die dritte soll jetzt in den benachbarten Räumen heranwachsen. "Wir nehmen nicht sofort neun Kinder auf, sondern haben eine Anlaufphase, in der wir über vier Monate die Gruppe aufstocken", sagt Brückmann. Dies diene der Eingewöhnung der Kinder, sei zwar "nicht wirtschaftlich, aber gesund".

Von einer Kitaplatz-Krise will er aber nichts wissen. "Die Eltern sind selbst schuld. Wenn sie sich für ein Kind bei 30 bis 50 Kitas voranmelden, entsteht der Eindruck, dass es nicht genug Plätze gibt", sagt Brückmann. "Wir haben eine hundertprozentige Abdeckung in Düsseldorf."

(bur)
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