Pempelfort Bar statt Eckkneipe

Pempelfort · Statt auf ein Bier trifft man sich nach Feierabend heute auf einen Drink. Vor allem in den Stadtteilen florieren junge, kreative Bars.

 Barchef Martin Börzel (r.) mixt Cocktails in der Solobar — und zwar nur mit frisch gemachten Säften.

Barchef Martin Börzel (r.) mixt Cocktails in der Solobar — und zwar nur mit frisch gemachten Säften.

Foto: David Young

Wäre es ein Mittwochabend vor fünf oder zehn Jahren, säßen die Leute jetzt auf dem Sofa, im Fernsehen liefe Aktenzeichen XY, und wer es auf dem Weg von der Arbeit nicht an der Tür der Stammkneipe vorbei geschafft hätte, nähme dort noch ein Alt. Vor dem Spielautomaten, rauchend.

Nina N. ist eine der ersten in der Solobar. Sie wohnt gegenüber, kommt gerade von der Arbeit bei L'Oreal. Man kennt sich, Küsschen links, Küsschen rechts für Inhaber Han Long Tran, Jimmy Leung und Barchef Martin Börzel. Die Frage nach dem Getränk ist eher rhetorisch, Martin serviert Weißwein.

Als Nina von Hamburg nach Düsseldorf zog, landete sie, natürlich, zuerst in der Altstadt. "Nach dem ersten Abend dachte ich: Und was mache ich jetzt?" Die falschen Leute, Drinks von der Stange, kaum coole Musik - die vielgerühmte längste Theke der Welt war jedenfalls nicht der Ort, an dem Nina künftig ihre Abende verbringen wollte. "Meine Rettung war, dass kurze Zeit später gegenüber die Solobar eröffnete."

Das war im Dezember 2013. Han Long und Jimmy hatten den Laden gemeinsam mit Geschäftspartner Marco Emme ein Jahr lang aufwendig saniert. Vorher beherbergte die Augustastraße 30, und das nennt man wohl Ironie des Schicksals, "Bei Willi": "Die typischste Eckkneipe, die man sich nur vorstellen kann. Mit 95 Prozent alten Herren, Spielautomaten und allem, was dazugehört", sagt Ulli Küper. Er ist gerade dazugestoßen, ebenfalls ein Nachbar der Solobar und Stammkunde. Er trinkt Lillet Vive, sitzt zwischen Kunst von Antonello Curcio, Detlef Weinrich oder Heinz Baumeister. Dank Jimmy Leung, der auch den Salon des Amateurs betreibt, findet sich in der Solobar Kunst bis in den letzten Winkel.

Draußen wird Smalltalk gehalten. Natürlich kennt man sich untereinander. "Das gehört eben auch zu dem, was die Solobar ausmacht. Bekannte Gesichter sind immer da, man kann auch allein mal eben auf einen Drink rüberkommen und trifft interessante Menschen, mit denen man sonst wahrscheinlich nicht den Abend verbringen würde", sagt Nina mit Blick auf Ulli und dessen Kumpel Heinz Nothofer, beide Anfang 40, der eine selbstständig, der andere Projektmanager beim Land NRW. Die Altstadt, da sind sich alle einig, kann genau das eben nicht bieten. Über die Frage, was sie eigentlich hierher führt, kommt die Runde ins Philosophieren. "In meiner Generation, also in den Zwanzigern, haben viele keine Lust mehr, sich irgendwo die Nächte um die Ohren zu schlagen", sagt Nina. "Ich will gute Drinks, gute Musik, mich unterhalten können."

Gute Drinks, die gibt es zweifelsohne in der Solobar. Sex on the Beach, das sei Achtziger, sagt Barchef Martin. "Genauso wie beim Essen legen die Leute heute immer mehr Wert auf Qualität." Fertiger Saft - eine Todsünde. Hier machen sie Säfte, Sirups und Infusionen selbst. Heraus kommen dabei Drinks wie der "Goodmorning Vietnam" oder ungewöhnliche Kombinationen wie der "Gin 'n Roses" mit Orangen-Espuma und Rosmarin. Vielleicht ist es dieses gewisse Etwas, das die Außergewöhnlichkeit ausmacht: der Drinks, der Bar, der Gäste. Das Mehr an Stil, das Mehr an Liebe zu Düsseldorf und seinen Qualitäten abseits der Touristenattraktionen, ein Mehr an Lebensqualität. "Die Solobar ist meine Eckkneipe", sagt Ulli. Das Kneipensterben ist, so wie es scheint, wohl kein strukturelles Problem. Es ist vielmehr logische Konsequenz und Ausdruck des neuen Lifestyles, der hier in Pempelfort an allen Ecken und Enden um sich greift.

(RP)
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