Friseur Oberkassel Zwischen Kreativität und Kehrblech

Oberkassel · Langes Arbeiten im Stehen, schlechte Bezahlung – das Bild des Friseurberufs ist kein gutes. Zu Unrecht, wie Sarah Scherer findet.

 Sarah Scherer ist Jahrgangsbeste bei ihrer Ausbildung zur Friseurin geworden. Darauf will sie ihre berufliche Karriere aufbauen.

Sarah Scherer ist Jahrgangsbeste bei ihrer Ausbildung zur Friseurin geworden. Darauf will sie ihre berufliche Karriere aufbauen.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Mit 24 Jahren ist Sarah Scherer verhältnismäßig alt für eine Friseurausbildung. Grund dafür ist, dass sie sich nach ihrem Fachabitur zunächst zum Make-up-Artist ausbilden ließ. Doch bei dieser Arbeit stieß sie irgendwann an ihre Grenzen. So braucht es beispielsweise für die Arbeit als Maskenbildner meist eine abgeschlossene Friseurausbildung.

„Ich bin kein Fan von Mittelmäßigkeit“, sagt sie, weshalb sie sich entschloss, die Ausbildung zur Friseurin noch hinten dranzuhängen. Zum Salon Lupo kam sie durch Zufall. Neben ihrer Tätigkeit als Make-up-Artist modelte Scherer hin und wieder – auch als Haarmodel für Lupo, wodurch der Kontakt entstand. Sowohl das Team als auch die Philosophie gefielen ihr. So wurde ihr schnell klar: entweder hier oder gar nicht. Doch ihre Ambitionen stießen in dem Salon auf Gegenliebe.

Auch wenn Sarah Scherer ihre Entscheidung zur Ausbildung nie infrage gestellt hat, gab es Momente des Haderns. Insbesondere zu Beginn der Lehre hat der Job auch viele unangenehme Züge. „Man sagt oft im Scherz, dass Friseure zunächst erst einmal zu Reinigungskräften ausgebildet werden“, erzählt sie. Denn bevor es mit Kamm und Schere an die Haare der Kunden geht, verbringen die Lehrlinge viel Zeit mit dem Auffegen der geschnittenen Haare oder dem Falten von Handtüchern. Hinzu kommt die dürftige Bezahlung. Lediglich 480 Euro gibt es pro Monat im ersten Ausbildungsjahr brutto, wovon rund 380 Euro netto übrig bleiben. Das ist weniger als der Regelsatz einer alleinstehenden Person bei Arbeitslosengeld II.

Für die zuvor bereits berufstätige Sarah Scherer ein herber Einschnitt. „Groß abends ausgehen, funktioniert mit so wenig Geld natürlich nicht“, sagt sie. Doch ein höheres Gehalt könnten sich die meisten Salons kaum leisten. Für Scherer liegt das auch an der Billigmentalität in Deutschland. Denn bei einem Zehn-Euro-Haarschnitt, der in vielen Salons Programm ist, bleibt nicht viel Geld für die Betreiber übrig. „In anderen Ländern hat der Beruf einen ganz anderen Stellenwert“, sagt sie.

Dass sie ihren Job trotzdem liebt, liegt an seiner Vielseitigkeit zwischen Kunst und Handwerk. Während man Scherers Meinung zufolge Letzteres gut erlernen kann, sollte ein überdurchschnittlicher Friseur den künstlerischen Teil mitbringen. „Man braucht ein gewisses Stilempfinden“, sagt sie. Genau das reizt sie auch im Umgang mit ihren Kunden: So drängt Sarah Scherer ihnen keinen Haarschnitt auf, aber versucht mit kleinen Veränderungen ihre beste Seite zum Vorschein zu bringen. Zur Freude der weiblichen Kunden in aller Regel, ohne zu viel von der geliebten Haarpracht abzuschneiden.

Und dass Sarah Scherer ihr Handwerk versteht, hat sie mehrfach bewiesen. Nicht nur als Jahrgangsbeste in ihrer Ausbildung, sondern auch als Gewinnerin des German Hairdressing Awards in der Kategorie „Newcomer“. Im Herbst will sie ihre Ausbildung zur Meisterin beginnen und anschließend offen in ihre Zukunft schauen. Dem Salon Lupo will sie zwar in Teilzeit treu bleiben, aber darüber hinaus würde sie gerne als Stylistin arbeiten. Am liebsten für Film, TV oder das Modebusiness. „Die Möglichkeiten sind groß“, sagt Sarah Scherer. Und diese Möglichkeiten will sie, so gut es geht, ausreizen.

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