Oberbilk Oberbilker feiern Demokratie-Fest
Oberbilk · Unter großer Bürgerbeteiligung richtete der Stadtteil das Stadtteilfest "Demokratie leben" aus, das bundesweit extremistischen Strömungen entgegenwirken will. Entsprechende Initiativen werden fianziell unterstützt
Zwei große Fotografien vom Lessingplatz hingen am Stand von Ben Schneider, nicht aber zum Anschauen oder Bestaunen. Denn daneben lagen zwei dicke Eddings, und die Aufforderung lautete: "Was fehlt euch hier? Zeichnet es hier ein!"
Der Bereichsleiter des Evangelischen Jugendzentrums in Oberbilk (ejuzo), Ben Schneider, stand für eine der mehr als 20 Organisationen, die sich am Stadtteilfest "Demokratie leben in Oberbilk" auf dem Lessingplatz beteiligten. Die Initiative "Düsseldorfer Wegweiser" hatte die Planung in die Hand genommen, deren Vorstandsmitglied Dirk Sauerborn eröffnete die Veranstaltung gestern Nachmittag im Interview mit dem Düsseldorfer Kabarettisten Manes Meckenstock: "Wir wollen zusammenkommen und gemeinsam überlegen, wie wir das Leben im Stadtteil noch besser machen können", sagte Sauerborn.
Denn wer Demokratie könne, sei auch immun dagegen, sich zu radikalisieren, die kulturelle Vielfalt soll genutzt werden. Das bundesweit ausgerichtete Projekt "Demokratie leben" will durch bürgerschaftliches Engagement extremistischen Tendenzen entgegenwirken und fördert entsprechende Initiativen in den Kommunen auch finanziell. Oberbilk ist nach Holthausen das zweite Viertel in Düsseldorf, in dem unter diesem Motto ein Stadtteilfest ausgerichtet wurde, das nächste soll in Oberkassel sein.
Trotz Nieselregens kamen viele Jugendliche und Familien und nutzten die interaktiven Angebote an den ringsum aufgebauten Ständen. So war das SOS Kinderdorf ebenso vertreten wie der Jugendrat der Stadt, aber auch die Moscheengemeinden in Oberbilk, der Jugendmigrationsdienst und verschiedene Freizeiteinrichtungen stellten sich vor. Neben der Teilnahme an einem Rap-Workshop konnten Jugendliche auch einen Audioguide über Oberbilk erstellen. In die beiden großen Fotografien am ejuzo-Stand hatten Anwohner Turngeräte, Sitzbänke und Mülleimer, aber auch Blumen und Laternen eingezeichnet. Die Bilder werden der Stadt Düsseldorf weitergereicht.
"Vielfalt leben! - Wir sind Oberbilk!": Die Organisatoren sprachen selbst von einem selbstbewussten Motto, wollten aber wohl auch ein Zeichen damit setzen. Denn vielfach war zu hören, dass der Ruf von Oberbilk deutlich schlechter als der Stadtteil selbst sei. Das größte Problem von Oberbilk sei der Blick und die schlechten Bewertungen von Außen, befand etwa der Pädagoge Ben Schneider. Die Kinder, die er an der Ellerstraße betreut, würden mit dieser Außenwahrnehmung aufwachsen und sich damit identifizieren. Dass Kinder von Migranten es teils mit erschwerten Aufstiegsbedingungen zu tun hätten, sei ein gesamtgesellschaftliches Problem.
Auch Katharina Roggemann, die mit ihrem Mann und den beiden Töchtern zum Fest gekommen war, bestätigte dies. Man müsse für die Vielfalt der Lebensstile und die unterschiedlichen Umgangsformen offen sein. Kriminalität bekommt sie in ihrem Alltag nicht mit. Möglicherweise haben die medial bundesweit dokumentierten Razzien im so genannten Maghreb-Viertel den Eindruck des kriminellen Milieus noch verstärkt, wie mehrfach zu hören war. Das Stadtteilfest besuchten jedenfalls auch mehrere überregionale Fernsehteams.
Dirk Sauerborn sieht "in dem Arbeiterstadtteil mit vielen Migranten ein großes Potential". Der Mitgestaltungsgeist soll noch erweitert werden. Vollkommen unpolitisch weil noch zu jung, dafür aber sehr selbstzufrieden, wirkten alldieweil die zwölfjährigen Salmane und Oualid, die Käsekuchen essend umher liefen. Die beiden Freunde lobten vor allem den Zusammenhalt in ihrer Nachbarschaft und verschwanden wieder auf dem Bolzplatz.